Wassernot bei Jeremia

Kein Wasser weit und breit. Was für eine Dürre-Katastrophe! Sie betrifft selbst die Reichen. Die Mächtigen dort schicken ihre Untergebenen nach Wasser. Sie gehen zu den Zisternen, finden aber kein Wasser und kehren mit leeren Gefäßen zurück.  Sie sind bestürzt und beschämt und verhüllen ihr Haupt. (Jeremia 14,3) Nicht einmal für Geld ist Wasser zu bekommen. Selbst die, die zu den obersten Zehntausend gehören, können sich keinen Vorteil ergattern. Sonst sind sie es nicht einmal gewohnt sich anzustellen. Oder sie kommen zuerst dran. Aber jetzt nützt ihnen weder ihre Position noch Bestechung. So schlimm ist die Trockenheit.

Die letzten beiden Jahre haben wir erahnen können, was Dürre bedeutet. Aber bei uns kam trotzdem jederzeit Wasser aus dem Hahn. Frühere Generationen mussten zum Brunnen gehen und Wasser schleppen, und in vielen Teilen der Welt ist es immer noch so, manchmal stundenlang. Wassertragen war und ist Sache der Frauen und Kinder, der Sklavinnen und Sklaven. Privilegiert war, wer einen Brunnen im Hof hatte. In Sangerhausen gehörten die Pfarrhäuser dazu. In vielen Städten konnten sich auch reichere Haushalte Leitungen von den öffentlichen Röhren der „Wasserkunst“ in ihre Grundstücke legen lassen. Das kostete natürlich. Alle anderen schleppten das Wasser von den öffentlichen Brunnen, den Archen, heran.

In trockenen Ländern wäre ein solches vergleichsweise dichtes Netz öffentlicher Brunnen ein unvorstellbarer Luxus gewesen. In Israel zur Zeit Jeremias gab es nur wenige Zisternen oder Bäche, und oft waren sie weit entfernt. Alle schöpften ihr Wasser aus demselben Brunnen. Die Mächtigen nahmen freilich keinen Eimer in die Hand. Sie ließen andere laufen. Doch das funktioniert nun nicht mehr. Wenn selbst die sozialen Privilegien keinen Vorteil mehr bringen, muss die Lage völlig ausweglos sein. Der Abschnitt beschreibt, wie sich die Dürre nicht nur auf die Gesellschaft, sondern auch auf die ganze Natur auswirkt. Weil der Ackerboden ausgedörrt ist, – es fiel ja kein Regen mehr auf die Erde – sind Bauersleute vernichtet und verhüllen ihr Haupt. Selbst die Hirschkuh gebiert auf dem Feld und lässt dann ihr Junges im Stich, denn es gibt kein Gras mehr. Die Wildesel stehen auf den Wegen in der Wüste und schnappen nach Luft wie Schakale. Ihre Augen erlöschen, denn es gibt kein Futter mehr.  (Jeremia 14,4-6)

Jeremias Worte wirken, als würde der Klimawandel seine Schatten vorauswerfen. Die Bäuerinnen und Bauern verlieren Einkommen. Auch im Harz und in den Thüringer Wäldern hat die Trockenheit den Tieren zugesetzt. Rehe etwa nehmen Flüssigkeit vor allem mit der Nahrung, also mit saftigen Pflanzen, und  mit dem Tau auf. Durch die Hitze hat sich aber kaum Tau gebildet, und viele Gräser waren dürr. Die Rehe haben im letzten Sommer weniger Kitze geworfen, im Herbst wurde weniger Wild geschossen.

Dürrezeiten hat es schon immer gegeben. Die Menschen zur Zeit Jeremias waren ihnen ausgeliefert. Anders als wir heute konnten sie nicht viel tun. Sie haben sie als Strafe Gottes verstanden. Sie haben sich gefragt, wo sie beteiligt waren, und haben ihre Verantwortung nicht weggeschoben.
Wenn unsere Vergehen gegen uns sprechen, Gott, so handle um deines Namens willen. Ja, zahlreich sind unsere Verfehlungen, an dir haben wir Unrecht verübt. Du Hoffnung Israels, du Rettung in der Zeit der Bedrängnis, warum verhältst du dich wie eine Ortsfremde im Land, wie ein Reisender, der nur zum Schlafen bleibt? Warum bist du wie ein verschüchterter Mensch, wie ein kraftvoller Mann, der aber nicht helfen kann? Du bist doch in unserer Mitte, Gott, dein Name ist über uns ausgerufen.  Verlass uns nicht! (Jeremia 14,7-9, BigS) Die Leute suchen also nach ihren eigenen Anteilen an der Dürrekatastrophe, und sie rufen Gott zu Hilfe.

Wir wissen heute genug über die Zusammenhänge in der Natur und darüber, was wir ändern können und müssen. Das sollten wir eher erledigen, bevor wir zu Gott klagen oder von Jesus erwarten, dass er Trauer in Freude verwandelt.

Jesus der Freudenmeister – so wird dieser Sonntag in manchen Gottesdienstbüchern beschrieben. Freudenmeister – was für ein eigenartiges Wort. Ich weiß nicht, wer es vor dem Barockdichter Johann Franck (1618-1677) verwendet hat. Im Evangelium (Johannes 2,1-11) verwandelt Jesus Wasser zu Wein. Wegen des Wassers ist wohl dieser Abschnitt aus dem Jeremiabuch dazugestellt. Er soll wohl sagen: Jesus verwandelt das (geringwertige) Wasser zu etwas Kostbarem, an dem wir uns erfreuen können.
Inzwischen haben wir auch im reichen Deutschland deutlich gemerkt, dass das Wasser selbst etwas Kostbares ist. Es geht um Lebensnotwendiges, nicht um Luxus.

Jesus sagt von sich: ich bin eine Quelle. Ich bringe, ja ich bin sogar das, was die Völker dringend brauchen. Wasser. Nahrung. Lösungsweg. Eine Tür, die sich öffnet. Auf Konferenzen ringen Regierungen und Nichtregierungsorganisationen um Lösungen für solche globale Herausforderungen. Um ein einziges Wort wird erbittert gefeilscht und auch getrickst. Jedenfalls ist es meistens ernst und kompliziert.
Einen Freudenmeister könnten wir dabei gut gebrauchen, genauso wie Quellen, die in ausgetrockneten Bachläufen endlich wieder dahersprudeln, und kostenloses sauberes Wasser für die Armen. Die Leute bei Jeremia haben, als endlich wieder Regen fiel, das Wasser wahrscheinlich gut gehütet. Würden wir das auch? Amen.

Predigt am 2. Sonntag nach Epiphanias über Jeremia 14,1-9
Vor der Lesung des Abschnittes könnte etwas über die Geschichte der lokalen Wasserversorgung, Brunnen im Ort o.ä. erzählt werden.

Andere Predigt am 2. Sonntag nach Epiphanias: Feiern als Protest
Weitere Predigten zu Weihnachten und zu Epiphanias
Weitere Predigten im Jahreslauf
Predigten in der Passions- und Vorpasssionszeit: in der Passionszeit und Vorpassionszeit

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