17. Juni 1953 und die Normerhöhungen in Ägypten

Ein 9-jähriger Junge schreibt auf, was er am 17. Juni 1953 in Sangerhausen erlebt hat.* Der Junge heißt Einar Schleef. Er wird malen, fotografieren, Stücke schreiben, inszenieren, anecken, die DDR verlassen und doch zeitlebens an Sangerhausen kleben. Mit dem 17. Juni 1953 beginnt er, Tagebuch zu schreiben. Der 17. Juni gräbt sich tief in den 9-jährigen ein und wird zum Schlüsselerlebnis, das er mehrfach wiederholt und noch Jahrzehnte später ergänzt, umarbeitet, nebeneinanderstellt.
Wer später im Osten „1953“ sagte, dachte vieles mit, was in den Monaten und Wochen drumherum passierte. Weiterlesen

O Haupt voll Blut und Wunden: Einar Schleef und Sangerhausen

Karfreitage gibt es auch heute genug. Manchmal schreit die Ungerechtigkeit zum Himmel. Öfter noch wohnt das Leid im Verborgenen, zum Beispiel hinter der Klinkerfassade des Reihenhauses Mogkstraße 24. Hier wächst Einar Schleef (1944 – 2001) auf, der Maler und Theaterregisseur aus Sangerhausen. Ich glaube, seine Kindheit gleicht einem langen Karfreitag.
„… meinem Vater war es manchmal unmöglich, mich zu schlagen, obwohl er mich noch mit 20 schlug, ihm war es wurscht, er drosch und wurde nur so ruhig, ich stand einfach da, bewegte mich nicht vom Fleck, biß nicht meine Zähne zusammen, nein ich tat nichts, ich ertrug ihn, er würde schon erlahmen, so hatte ich Ruhe, der Rohrstock, der Ausklopper sank, ihn schmerzte es zuzuschlagen, keine Kraft mehr, ich war ihm gewachsen, das erlebte ich wie einen Sieg, ich empfand weder Demütigung noch Schmerz.“ Weiterlesen

Häuser. Predigt zu 2 Kor 5, 1-4

Wenn das irdische Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut…                 (2 Kor 5,1)
„Und da stand ich wieder, nach 14 Jahren, vor unserem Haus, meine Mutter oben hinter der Gardine, ich mußte lange klingeln, da stand ich wieder. 20 Jahre bist du nicht zu Hause gewesen, unterbrach mich meine Mutter, wie du aussiehst, steck dein Hemd rein, so stehst du unten vor der Haustür, wenn das einer sieht, (…) unterbrich mich nicht, 20 Jahre, das reicht nicht, wann bist du hier gewesen, ich habe nicht nach dir gerufen, was willst du hier, dein Bruder aus dem Westen ist dagewesen und will endlich einen Zaun machen. (…) Weiterlesen