Anna selbdritt und die Großmütter (Hospiz-Einweihung)

Ich habe Ihnen ein Bild mitgebracht: Großmutter, Mutter und Kind. Großmutter Anna hält Maria mit dem Jesus-Kind in der Hand. Anna selbdritt wird so eine Darstellung in der Kunstgeschichte genannt. Es ist das Logo der Annenkirche in Annaberg-Buchholz. Die Annenkirche in Annaberg-Buchholz, erbaut in der Zeit des Silberbergbaus, ist die größte und prächtigste Kirche des Erzgebirges, Vorbild und große Schwester für viele Annenkirchen und -kapellen im Bergbaugebiet des Erzgebirges und ganz Mitteldeutschlands. Auch die Eislebener Annenkirche ist in dieser Zeit entstanden. Nach Anna soll das Hospiz benannt werden. Wer war sie? In der Bibel ist sie unbekannt. Weiterlesen

Du siehst mich

(Jahreslosung 2023) Niemand hat sich jemals für Hagar interessiert. Hagar musste nur ständig zu Diensten sein. Sieben Tage in der Woche, von frühmorgens bis zum späten Abend. Und auch nachts. Dem Hausherrn. Mit Billigung der Hausherrin. Oder sogar auf deren Anregung hin. Hagar sollte schwanger werden, und dieser Sohn sollte den Stammbaum der Familie begründen. Die Hausherrin war schon zu alt dafür. Hagar musste ein Kind zur Welt bringen, aber es würde ihr nicht gehören. Was sie dazu dachte, ihre Schmerzen und Träume – danach fragte niemand. Sie war eine Sklavin, eine ausländische noch dazu. Die Geschichte des Gottesvolkes beginnt mit Abraham, Sara und einer ägyptischen Sklavin als Leihmutter.
Gleich dreifach war Hagar abgehängt und unfrei: als Frau, als Ausländerin, als Sklavin. Weiterlesen

25. März: Marias Empfängnis, Hagar und die Leihmütter in der Ukraine

Am 25. März ist „Mariä Empfängnis“ oder „Mariä Verkündigung“. Der Engel Gabriel besucht Maria und setzt sie davon in Kenntnis, dass sie schwanger wird. Maria hat nicht mit einer Schwangerschaft gerechnet und bekommt einen Schreck: „Wie soll dies geschehen, da ich von keinem Mann weiß?“ (Lukas 1,34) Gottes Geistkraft wird auf sie herabkommen, beruhigt Gabriel sie. Zu Weihnachten, genau neun Monate später, wird Jesus geboren.
Maria wird nicht auf natürlichem Weg schwanger. Sie trägt ein Kind für Gott aus. Sie soll ihren Körper dafür zur Verfügung stellen, dass Gott einen Sohn bekommen kann, dass Gott ein Mensch werden kann. Maria ist buchstäblich eine Leihmutter Gottes. Weiterlesen

Lucia – die Rache des Ex

Am 13. Dezember ist Lucia-Tag. Lucia stammte aus Syrakus und wurde dort auf Betreiben ihres Verlobten um 310 hingerichtet, weil sie ihn nicht heiraten wollte. In Heiligenlegenden taucht immer wieder dieses Motiv auf, daß eine Frau sich weigert zu heiraten und deshalb ermordet wird. Verheiratet sein bedeutete für Frauen in den vergangenen Jahrhunderten (und in vielen Ländern bis heute) einen radikalen Verlust an Autonomie. Weiterlesen

Totensonntag: das Grosse Sterben

Wie eine Mutter tröstet, so will ich euch trösten. Vor einem Jahr kam das große Sterben auch zu uns. Es kam auf leisen Sohlen. Sein Atem streifte ein Kind. Vielleicht war es auch ein Mann, genau weiß es niemand so richtig. Das Kind bemerkte nichts. Aber die Mutter des Kindes, sie arbeitete im Marienstift. Die trug es unbemerkt ins Heim. Und noch bevor sie es gewahr wurde, hatte es sich im Haus eingenistet. Es sprang über auf die Pflegekräfte, die Luft trug es von Zimmer zu Zimmer, und so kam es zu den Schwächsten, die ihm am wenigsten entgegensetzen konnten: Weiterlesen

Nicht nur Elisabeth und Zacharias: Elternschaft mit Hindernissen

Kinder haben macht sich für’s Image gut. Bei Vorstellungsrunden heißt es oft: Ich bin verheiratet, habe  … Kinder und … Enkel, auch wenn das für die Qualifikation oder Aufgabe keinerlei Rolle spielt.. Leute punkten mit der Anzahl ihrer Kinder, selbst wenn das Verhältnis seit Jahren zerrüttet ist. Alleinerziehende müssen sich viel genauer überlegen, was sie sagen, wenn sie an der Reihe sind. Wer keine Kinder hat, bleibt stumm, so wie Zacharias, der erst bei der Beschneidung seines Sohnes seine Sprache wieder fand.
Keine Kinder haben oder nicht auf dem üblichen Weg Kinder bekommen, das ist kein Thema für die Öffentlichkeit. Weiterlesen

Barbara: gefangen im Turm

Am 4. Dezember ist Barbaratag. Als Heilige der Bergleute ist sie in den Bergbaugebieten besonders bekannt. Barbaras Vater war ein reicher Mann. Als er verreisen wollte, ließ er einen dicken Turm bauen. Er sollte Barbara vor jeder Gefahr schützen. Der Turm wurde prächtig ausgestattet und mit Vorräten versehen für eine lange, lange Zeit. Barbara sollte es an nichts fehlen. Am Ende führte der Vater Barbara mit einer Dienerin hinein. Dann ließ er den Turm zumauern und zog außer Landes. Es hätte eine gute Zeit werden können. Aber Barbara wurde immer einsamer und fühlte sich eingesperrt. Weiterlesen

Die Sache mit der Rippe

Ach wenn die Herren Päpste und Kirchenväter doch einmal nachgeschaut hätten, was in der Bibel wirklich steht. Von einer Rippe ist nicht die Rede, jedenfalls nicht im hebräischen Urtext. Doch die Vorstellung, daß Frauen aus der Rippe des Mannes gemacht sind, ist bequemer und hat etwas mit Macht zu tun. Sie untermauert die herr-schende Ordnung bzw. Unterordnung. Unzählige Maler haben das Bild seitdem in Szene gesetzt, und so geistert die Rippe weiter durch die Köpfe, bis ins 21. Jahrhundert und die neue Luther-Übersetzung. Weiterlesen

Frauenmahl in Bremen

Ich bin Pfarrerin und von mir wird erwartet, daß ich nicht irgendwelche Geschichten erzähle, sondern ich soll mich mit der Bibel beschäftigen. Ziemlich langweilig, finden manche. Alt und abgestanden. Ziemlich langweilig, seufze auch ich oft, wenn ich die Bibel aufschlage und den Abschnitt durchlese, über den ich zu predigen habe. Hundertmal gehört, von Kindesbeinen an, und ziemlich viele Verbote. Manchmal ärgere ich mich. Zum Beispiel: warum kommen keine Frauen vor, wenn von der Heilung eines gelähmten Mannes erzählt wird? Weiterlesen