Lydia läßt sich taufen und leitet die erste Gemeinde in Europa

Seht ihr die Frau mit den roten Händen? Das ist Lydia. Lydia aus Lydien, aus Thyatira, einer Stadt in der Türkei. Dort stammt sie her. Lydia, die Lydierin. Früher war sie wahrscheinlich eine Sklavin. Aber irgendwie war sie freigekommen, so wie die anderen Frauen mit ihr. Gemeinsam hatten sie sich aus Thyatira über das Mittelmehr durchgeschlagen bis nach Europa, in die Stadt Philippi in Griechenland. Weiterlesen

Du siehst mich

(Jahreslosung 2023) Niemand hat sich jemals für Hagar interessiert. Hagar musste nur ständig zu Diensten sein. Sieben Tage in der Woche, von frühmorgens bis zum späten Abend. Und auch nachts. Dem Hausherrn. Mit Billigung der Hausherrin. Oder sogar auf deren Anregung hin. Hagar sollte schwanger werden, und dieser Sohn sollte den Stammbaum der Familie begründen. Die Hausherrin war schon zu alt dafür. Hagar musste ein Kind zur Welt bringen, aber es würde ihr nicht gehören. Was sie dazu dachte, ihre Schmerzen und Träume – danach fragte niemand. Sie war eine Sklavin, eine ausländische noch dazu. Die Geschichte des Gottesvolkes beginnt mit Abraham, Sara und einer ägyptischen Sklavin als Leihmutter.
Gleich dreifach war Hagar abgehängt und unfrei: als Frau, als Ausländerin, als Sklavin. Weiterlesen

Sorgen 2022: Was werden wir morgen essen?

Was werden wir morgen essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden – so wie in der Bibel fragen sich in diesem Herbst viele Menschen. (Matth. 6,25-34**) Wird es reichen bis zur nächsten Rente? Muss ich mich entscheiden zwischen dem Essen in der Mensa oder einer Jacke für den Winter? Studierende, Rentner:innen, Alleinerziehende, Leute mit prekären Jobs – sie alle müssen noch mehr rechnen als sonst. Und sie sind auch mehr in den Blickpunkt gerückt, jetzt, wo selbst Leute mit Mittelklassewagen auf ihre Gasrechnung blicken und den Bleistift spitzen. Und damit sind auch die Menschen in der Bibel näher gerückt, mit denen Jesus lebte und an die er sich wendet. Über 90 % der Bevölkerung in den Provinzen des römischen Reiches lebte an- und unterhalb der Armutsgrenze, hat die Wissenschaft herausgefunden. Weiterlesen

Erntedank 2022: Dank für die Heizung

Diese Spielszene für das Erntedankfest 2022 stellt das Thema Energie und Heizen in den Mittelpunkt. Warum danken wir nicht einmal dafür, dass wir es warm haben?! Ich finde, in diesem Jahr ist das aktuell. Die Urgroßeltern der heutigen Kinder haben – jedenfalls in der DDR – noch erlebt, wie mit Holz und Kohle geheizt wurde. Die Szene beschreibt einen Dialog zwischen Kind und Urgroßeltern.

Uropa (Stock) kommt mit Wollsocken, Mütze, Schal nach vorn
Uroma (Rollator) kommt mit  Kohlebrikett (und, so vorhanden, mehreren Holzscheiten, Spänen, Knüllpapier, Streichhölzern) nach vorn

Kind Uroma, Uropa, was schleppt ihr denn da an? Zum Erntedankfest freuen wir uns doch über Blumen, über Äpfel und Kartoffeln!
Opa Wir sind froh, wenn wir es warm haben. Im Winter wird es kalt.
Kind Also wenn mir kalt ist, drehe ich einfach die Heizung auf.
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Keine Diskriminierung!

Wie versteinert stand Emma da. Wieder einmal hatten sie ihr das hässliche Wort an den Kopf geworfen. Wieder einmal hatten sie ihr klargemacht: Du gehörst nicht dazu. Manchmal war es nur ein Blick, der Emma traf. Oder Leute drehten sich weg und grinsten sich an, wenn sie vorbeikam. Tausend kleine Nadelstiche hatten Emma gelehrt, dass sie anders war. Hier würde sie nie die gleichen Chancen haben. Sie würde nie so selbstverständlich über die Straßen bummeln können wie andere. Emma musste immer darauf gefasst sein, dass irgendwer ihr hinterherstarrte. Irgendwer, der sie nicht einmal kannte. Oder ausspuckte. Dabei war sie ein Mensch wie alle anderen auch. Weiterlesen

Hochzeit in Kana: Nicht verschoben

In Kana wurde die Hochzeit nicht verschoben wie viele Familienfeste bei uns in den Jahren von Corona. In Kana wurde gefeiert, richtig groß, tagelang und mit allem Drum und Dran. Die halbe Gegend war zu Gast und der Wein floss in Strömen. Wie groß die Hochzeit war, lässt sich aus den sechs riesigen steinernen Wasserkrügen erahnen, die in der Geschichte erwähnt werden. Das Wasser wird zur rituellen Handwaschung vor dem Essen benötigt. Jeder Gast braucht dafür einen Becher voll Wasser. Die Krüge fassen jeweils mehrere Eimer, und die sechs Wasserkrüge waren alle ausgeschöpft – es müssen also eine Menge Gäste dagewesen sein. So eine große Hochzeit in einem so kleinen Dorf – das erstaunt mich. Ich wundere mich und beginne zu fragen.

Wer hat diese Hochzeit überhaupt ausgerichtet? Weiterlesen

Lazarus – die Armen werden sichtbar

Armut ist nicht sichtbar. Die Frau, die auf der Bank vor der Jacobikirche die Sonnenstrahlen genießt, hat sich sorgfältig geschminkt. Niemand soll auf die Idee kommen, daß sie sich am Ende des Monats bei der Tafel anstellen wird, weil das Geld nicht mehr für das Essen reicht. Auch Reisegruppen werden eher die Schokoladenseiten eines Landes vorgeführt. Die Einkaufsstraßen sind fein herausgeputzt, Sehenswürdigkeiten liegen selten in den staubigen Vorstädten voller Geröll. Weiterlesen

Haus-Traum

Ihr seid Gottes Bau. Ein jeder, eine jede sehe zu, wie sie baut.* Solide bauen, wie Paulus es schreibt, das bleibt für viele ein schöner Traum. Qualität hatte schon immer ihren Preis. Gold, Silber und Edelsteine oder Holz, Heu und Stroh, diese Frage stellt sich nicht für Leute, die jeden Cent, jeden Denar dreimal umdrehen müssen, damit die Kinder satt werden. Diese Frage stellte sich damals nicht und heute auch nicht. Ein ordentliches Fundament ist teuer. Auch bei uns können sich nicht alle eine Unterkellerung leisten. Weiterlesen