Du siehst mich

(Jahreslosung 2023) Niemand hat sich jemals für Hagar interessiert. Hagar musste nur ständig zu Diensten sein. Sieben Tage in der Woche, von frühmorgens bis zum späten Abend. Und auch nachts. Dem Hausherrn. Mit Billigung der Hausherrin. Oder sogar auf deren Anregung hin. Hagar sollte schwanger werden, und dieser Sohn sollte den Stammbaum der Familie begründen. Die Hausherrin war schon zu alt dafür. Hagar musste ein Kind zur Welt bringen, aber es würde ihr nicht gehören. Was sie dazu dachte, ihre Schmerzen und Träume – danach fragte niemand. Sie war eine Sklavin, eine ausländische noch dazu. Die Geschichte des Gottesvolkes beginnt mit Abraham, Sara und einer ägyptischen Sklavin als Leihmutter.
Gleich dreifach war Hagar abgehängt und unfrei: als Frau, als Ausländerin, als Sklavin. Weiterlesen

Jahreslosung: Keine Diskriminierung!

Wie versteinert stand Emma da. Wieder einmal hatten sie ihr das hässliche Wort an den Kopf geworfen. Wieder einmal hatten sie ihr klargemacht: Du gehörst nicht dazu. Manchmal war es nur ein Blick, der Emma traf. Oder Leute drehten sich weg und grinsten sich an, wenn sie vorbeikam. Tausend kleine Nadelstiche hatten Emma gelehrt, dass sie anders war. Hier würde sie nie die gleichen Chancen haben. Sie würde nie so selbstverständlich über die Straßen bummeln können wie andere. Emma musste immer darauf gefasst sein, dass irgendwer ihr hinterherstarrte. Irgendwer, der sie nicht einmal kannte. Oder ausspuckte. Dabei war sie ein Mensch wie alle anderen auch. Weiterlesen

#offengeht. Interkulturelle Woche 2021

#offengeht lautet das Motto der Interkulturellen Woche 2021. Um Offenheit geht es, dass sie möglich ist, dass wir eine offene Stadt, ein offener Landkreis, eine offene Gesellschaft sind. Und zugleich: dass wir es werden. Es geht. Es geht voran. Wir treiben es voran. #offengeht, das ist ein Prozess, in den wir hineingezogen werden und bei dem wir mitmachen. Eine offene Stadt, ein offener Landkreis werden wir nicht von alleine. Es sind immer wieder Leute nötig, die Impulse weitergeben. anstoßen und nachstoßen. #offengeht, so hat Gott sich auch die Welt gedacht, als offene Welt, als Lebens-Raum, in dem für alle Platz ist und alle gut leben können, auch die, die im Schatten stehen.

Flucht und Vertreibung sind kein neues Thema. Durch die Geschichte hindurch wurden immer wieder Menschen und ganze Völker vertrieben und versklavt. Die Bibel erzählt, wie das dem jüdischen Volk um 600 v.u.Z, geschah, also vor mehr als 2500 Jahren. Die Babylonier unter König Nebukadnezar eroberten die Hauptstadt Jerusalem und zerstörten alles. Weiterlesen

Worte wie Samenkörner

Worte sind wie Samenkörner. Sie gehen auf und wirken weiter. Aus Worten werden Taten, im Guten wie im Bösen.
Was im Internet gehetzt wird, hinterläßt Spuren. Die Saat des Hasses geht auf. Wir haben das nicht nur beim Sturm auf das Kapitol in Washington gesehen. Gruppen, die keine Lobby haben, erleben das jeden Tag am eigenen Leib, wenn auf ihre Kosten Witze gerissen werden, auf ihnen herumgetrampelt wird, auf sie eingeprügelt wird. Obdachlose können davon erzählen, Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe. Im Jahr 2020 wurden 350 Transsexuelle ermordet. Weiterlesen

Ernst Orphal – Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus

Pfarrhaus

Im Pfarrhaus der Jacobikirche hat 1932 bis 1943 Pfarrer Ernst Orphal gewohnt.  Eine Gedenktafel weist auf ihn hin. In der Zeit des Nationalsozialismus haben sich auch in der Kirche viele an die nationalsozialistische Ideologie angepaßt. Die Deutschen Christen wollten christlichen Glauben vom jüdischen Erbe abtrennen. Das Amen in der Kirche sollte nicht mehr gesprochen werden, es war jüdisch. Konfirmanden sollten in HJ-Uniform zum Konfirmandenunterricht erscheinen. SA-Abteilungen marschierten geschlossen mit Fahnen in den Gottesdienst. Pfarrer stellten sich in SA-Uniform vor den Altar. Ernst Orphal gehörte nicht dazu. Er schloß sich 1935 der Bekennenden Kirche an. Hier lebte und arbeitete er mit seiner Frau und seinen fünf Kindern. Im Pfarrhaus traf sich ab 1935 eine Gruppe von Gemeindemitgliedern, die ebenfalls der Bekennenden Kirche („BK“) angehörten. Das ging nicht ohne Konflikte ab.

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Der Schwarze König – Krippe ohne Rassismus

Die drei Könige fehlen seit 2020 an der Weihnachtskrippe im Ulmer Münster. Der Schwarze König ist voller Klischees: ohne Schuhe, krumme Beine, unförmige Gestalt, eine groteske Körperhaltung. Er könnte aus den Völkerschauen stammen, die zu Ende des 19. Jahrhunderts veranstalten wurden und in denen Menschen aus Afrika und anderswo wie im Zoo ausgestellt wurden, als wilde, exotische und ungebildete Menschen. Weiterlesen

Umkehr zum Frieden

Umkehr zum Frieden, lautet das Motto der Friedensdekade. Umkehr zum Frieden ist die Aufgabe, wenn ein Krieg zu Ende ist. Bei Kriegsende ist ja noch lange nicht Frieden. Die Straßen stehen voller Ruinen, und auch die Menschen sind beschädigt und verstört und verbogen. So haben es die Älteren nach dem 2. Weltkrieg erlebt, so sehe ich es in vielen Ländern, die einen Bürgerkrieg hinter sich haben oder ein verbrecherische Regierung abgeschüttelt haben.
Wenn die Waffen endlich schweigen, wird wieder aufgebaut. Häuser und Geschäfte, Straßen und Brücken. Das lässt sich reparieren. Aber der Krieg hat sich auch in die Seelen eingegraben. Weiterlesen

Jom Kippur und Mansfeld-Südharz

Ein Jahr ist der Anschlag von Halle jetzt her. Am 9. Oktober 2019 griff ein junger Mann aus unserem Landkreis die Synagoge an, tötete zwei Menschen und verletzte andere. Den Tag hatte er bewußt gewählt: Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag. Er hat sich intensive mit dem jüdischen Glauben beschäftigt. Aber nicht, um Brücken zu schlagen, sondern aus Haß. Der Antisemitismus, den christliche Kirchen Jahrhundert um Jahrhundert gepredigt haben, wirkt weiter. Weiterlesen