Sicher nicht – oder? Friedensdekade 2023

Menschen brauchen Sicherheit, von Anfang an. Ein Baby ist darauf angewiesen, daß sich jemand kümmert, wenn es schreit, daß es gestillt und gewickelt, getröstet und geknuddelt wird. Wenn ein Kind geborgen aufwächst, kann es damit klarkommen, wenn etwas anders ist oder wenn etwas fehlt. Es wird nach und nach lernen, mit Ungewohntem umzugehen, wird Frustrationen überwinden und lernen, sich auf neue Situationen einzustellen. Menschen brauchen Sicherheit, auch als Erwachsene. Zu essen und ein Dach über dem Kopf haben sind Grundbedürfnisse, aber auch wahrgenommen und geachtet werden, mit anderen Menschen verbunden sein, Ziele haben, ein sinnvolles Leben führen und keiner Gewalt ausgesetzt sein. Wie wichtig das alles ist, merken wir oft erst, wenn etwas davon fehlt. Mit den Sicherheiten in der Gesellschaft ist es ähnlich. Weiterlesen

Gott* wird

Was für ein Name: Ich bin, der ich bin. Oder: Ich werde sein, die ich sein werde. Das ist eher ein Nicht-Name. Gott hat einen Nicht-Namen. Gott heißt nicht Allmächtiger. Oder Herr. Oder Jehova, was eine phantasierte Deutung der 4 hebräischen Buchstaben „Jahwe“, des Tetragramms darstellt. Als Mose am brennenden Dornbusch fragt, gibt Gott sich selbst einen Namen, der kein Name ist und der auch ganz verschieden aus dem Hebräischen übersetzt werden kann: Ich bin, ich werde sein, ich bin für euch da. Ich werde sein, die ich sein werde (2. Mose 3,14).
Ein Name ist immer etwas Festes und gibt einer Person ein Gesicht. Hinter ihrem Namen blitzt das Wesen einer Person auf. Davon waren die Leute früher überzeugt, und wenn sie den Namen herausbekamen, erfuhren sie zugleich, wie er oder sie ist. Wolfgang etwa, wie ein Wolf. Oder Traugott.
Gott gibt sich keinen festen Namen. Ich bin, der*die ich sein werde, das lässt Raum für Veränderung. Weiterlesen

Bäume ausreißen? Senfkörner pflanzen!

Durch Beharrlichkeit lassen sich Wunder erreichen. Eva Löber aus Wittenberg etwa. Dort steht am Markt das Haus des Malers Lucas Cranach. Es ist ein beeindruckendes Renaissance-Ensemble, denn Cranach war nicht nur Maler, sondern auch Apotheker, Drucker und Bürgermeister zugleich. Zu DDR-Zeiten war es hoffnungslos heruntergekommen. Schon 1989 setzte Eva Löber sich für den Erhalt ein. Sie suchte Gleichgesinnte. Sie gründete eine Bürgerinitiative und in den 1990-er Jahren eine Stiftung. Schritt für Schritt kratzte sie Fördergelder zusammen, trieb die Sanierung voran, entwickelte zeitgemäße Nutzungskonzepte. Heute sind die Cranach-Höfe Herberge, Künstler*innenwerkstatt, Malschule, kulturelles Zentrum. Am 22. Oktober wird Eva Löber vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz mit dem Schinkel-Ring ausgezeichnet, dem renommiertesten deutschen Denkmalschutzpreis.
Aber angefangen hat es klein und ziemlich aussichtslos. So klein wie das Senfkorn, das Jesus als Vergleich nimmt. Doch das Senfkorn hat ausgereicht, um Großes zu bewegen. Weiterlesen

Goldene Konfirmation und Flutkastrophe: mit Noah Maßnahmen ergreifen

Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Zum Beispiel 1971. Da fiel die Konfirmation in der Jacobikirche aus. Die hatte drei Wochen vorher gebrannt. Die katholische Kirche öffnete ihre Türen, und so wurden erstmals evangelische Jugendliche in einer katholischen Kirche konfirmiert. Oder 50 Jahre später. 2020 fielen die Konfirmationen wieder aus, wurden verschoben und verschoben. Diesmal war es Corona. Und jetzt feiern wir mitten im August.
Solche Veränderungen bringen uns aus dem Trott. Das ist gar nicht schlecht. Die Kluft zwischen katholischer und evangelischer Kirche ist im letzten halben Jahrhundert deutlich kleiner geworden, ökumenische Gottesdienste gehören inzwischen dazu. Und so kurzfristig wie in diesem Jahr haben wir noch nie Konfirmationen geplant, so kurz waren die Gottesdienste auch noch nie. Und wir merken: es geht auch und ist richtig schön.
Ungewöhnliche Zeiten gibt es auch im Privaten. Auch bei Ihnen wird sich nicht alles so entwickelt haben, wie Sie es sich erträumt hatten. Vielleicht ist bei Ihnen eine Liebe zerbrochen. Oder die Arbeitsstelle wurde gestrichen, Krankheit meldet sich, eine Partnerschaft zerbricht, Menschen fallen in ein tiefes Loch. Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Aber wir können uns ändern. Die Umstände lassen uns manchmal keinen anderen Weg, als dass wir Gewohntes über Bord werfen. Wir lernen, anders mit uns selbst und mit anderen umzugehen. Oft stellte sich das im Nachhinein als Gewinn heraus.

Ungewöhnliche Zeiten standen auch Noah bevor. Eine Flutkatastrophe kommt, Wassermassen, die alles Leben verschlingen. Die Katastrophe war zwar angekündigt von Gott – so wie die Wissenschaft auch bei uns seit Jahren vor Starkregen und Dürren, Erderwärmung und Klimawandel warnt. Und so wie übrigens auch die Medizin schon seit Jahren mit Virusmutationen und einer Pandemie gerechnet hat. Aber so eine Sintflut hat sich – genauso wie im Juli im Ahrtahl – niemand vorstellen können.

Doch Gott ergreift Maßnahmen. Noah soll ein riesiges Boot bauen, einen Überlebensraum. Ein Schiff, ein Traumschiff. Die Arche. Sie kennen die Geschichte: Der Regen kommt und spült alles fort. Noahs Familie ist die einzige, die überlebt. Die Vorkehrungen, die allen anderen unnötig und viel zu teuer erschienen waren, sie haben ihn gerettet, und Noahs Familie wird zur Keimzelle einer neuen Menschheit und Tierwelt. Denn die gehören dazu. Die Arche ist ausdrücklich auch für die Tiere konzipiert. Eine Rettung ohne die Tiere ist nicht denkbar, und es wird auch nicht unterschieden zwischen nützlichen Tieren und solchen, die als verzichtbar gelten. Die Arche als Überlebensraum funktioniert nur, wenn alle an Bord sind. Das gilt auch heute.
Noah ist so weise, dass er diese Anweisung von Gott ernst nimmt. Ohne die Tiere, ohne die Mitgeschöpfe, ohne die Kreatur gibt es kein weiteres Leben auf der Erde.
Inzwischen blutet die Erde aus vielen Wunden. Der UN-Klimabericht, der vor 2 Wochen vorgestellt wurde, macht deutlich, wie sehr die Situation drängt. Kohleausstieg, Energiewende – wir müssen anders leben, bescheidener, freundlicher, solidarischer. So wie bisher geht es nicht weiter.

Als Menschen, die auf die 65 oder 75 zugehen, kennen die meisten von Ihnen genau dieses Gefühl: so wie bisher komme ich nicht weiter. Ich schaffe nicht mehr so viel wie früher, alles geht nicht mehr so schnell. Dieses Gefühl kann einen Schreck einjagen. So wie bisher komme ich nicht weiter. Andererseits kann es antreiben, dass wir uns mit der veränderten Lage arrangieren. Die meisten lernen, langsamer zu leben. Andere trennen sich von Dingen, die früher wichtig waren, jetzt aber belasten. Gleichzeitig gewinnt anderes an Bedeutung. Viele merken, wie kostbar Begegnungen sind. Lebensqualität gewinnen wir weniger durch materiellen Reichtum als durch Beziehungen.

Wir sind älter geworden. Auch die Erde ist älter geworden und verletzt. So wie bisher können wir nicht mehr weiter. Doch wir sind allesamt Nachkommen von Noah, dem findigen Erbauer, der der Arche mit Gottes Hilfe so zusammenbastelte, dass sie am Ende tatsächlich funktionierte. Auch wir können vorausschauend Vorsorge treffen, damit das Leben unter uns weitergegeben werden kann. Auch wir können Lösungen finden für unseren verwundeten Planeten, Gottes gute Erde.
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Als Noahs Kinder sind wir lernfähig. Wir können uns anpassen und dazulernen. Neurologie und Psychologie haben nachgewiesen, wie das Gehirn bis ins hohe Alter neue Synapsen bilden kann. Wir können uns umstellen, bis zum Lebensende. Den meisten Menschen gelingt das auch. Sie passen sich an und leben im Alter genau das, was auch global gesehen immer wichtiger wird: bescheidener, freundlicher, solidarischer, dankbarer. Das uns das gelingt, nicht nur persönlich, sondern vor allem auch auf unserer Erde, dazu möge göttliche Geistkraft uns ermutigen und segnen. Gott verspricht:  Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Predigt zur Goldenen Konfirmation 2021
Andere Predigten zur Goldenen Konfirmation
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Weitere Predigten zur Noah-Geschichte: Bündnis Regenbogen sowie  Friedenstaube und Pfingstfenster

Geschichte von Noah zum Vorlesen (stark gekürzt)
Gott sah, dass die Bosheit der Menschen groß war und dass Gewalt die Erde erfüllte, und er bereute, dass er sie geschaffen hatte. Da sprach Gott zu Noah: Mache dir einen Kasten aus Holz, bau Zellen hinein und dichte ihn von innen und außen mit Asphalt ab. Du sollst in den Kasten gehen, du selbst, deine Söhne, deine Frau und die Frauen deiner Söhne. Und von allem, was lebt, sollst du je zwei in den Kasten bringen. Von allen Vögeln nach ihrer Art, von dem Vieh nach seiner Art, von allem, was auf der Erde kriecht. Und Noah tat alles, wie Gott es ihm befohlen hatte, und ging in die Arche. Die Fenster des Himmels öffneten sich, die Brunnen der große Tiefe taten sich auf. 40 Tage und 40 Nächte strömte Regen auf die Erde. Die Wasser schwollen an und bedeckten alle Berge und Hügel. Alles Leben starb. Übrig blieb nur Noah und was mit ihm in der Arche war. Als die Wasser sich verlaufen hatten, öffnete Noah das Fenster der Arche und ließ einen Raben hinaus. Der kam zurück. Danach schickte er eine Taube hinaus. Auch sie kam zurück. Nach sieben Tagen ließ er die Taube wieder hinaus. Als sie am Abend zurückkam, trug sie ein abgerissenes Ölbaumblatt im Schnabel. Noah wartete noch einmal sieben Tage. Dann öffnete er das Dach und alle gingen aus der Arche. Noah baute einen Altar und dankte Gott. Ein Regenbogen erschien am Himmel. Gott sprach: Meinen Bogen setze ich in die Wolken, der soll ein Zeichen sein für den Bund zwischen mir und der Erde. Ich will die Erde nicht mehr verfluchen um der Menschen willen. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.  Aus 1. Mose 6-9

Unkraut – von Brennesseln und Ranken

Gartenarbeit ist oft Frauensache. Die Blumen zum Blühen bringen, Gemüse und Kräuter anbauen, Beeren pflückten, Unkraut jäten, hacken und ernten, das erledigen oft die Frauen. Seit Jahrhunderten bewirtschaften Frauen ihre Gärten. Sie sichern die Ernährung der Familie, sie sorgen dafür, dass es schön aussieht, und sie zeigen ihren Töchtern, wie sie Blumen zu Sträußen einstellen und das Haus schmücken können.

Was nicht ins Beet paßt, wird schnell als Unkraut verdammt. Weiterlesen

Konfirmation: Von Angst und Mut

Lass dich durch nichts erschrecken und verliere nie den Mut; denn ich, dein Gott bin bei dir, wohin du auch gehst“. (Josua 1,9) Diesen Vers aus dem Josuabuch hast du zusammen mit deinem Vater ausgesucht. Es geht um Angst und es geht um Mut. Jungs sollen mutig sein und keine Angst haben. Richtige Männer sind stark und zeigen keine Furcht. Diese Bilder von Männern geistern immer noch in den Köpfen herum und machen Jungs das Leben schwer. Denn die Ängste gehen davon nicht weg. Solche Sprüche beschädigen eher das Selbstvertrauen und den Mut. Es gibt so vieles, wovor Kinder und Erwachsene Angst haben. Etwa bei der Leistungskontrolle zu versagen. Vor anderen bloßgestellt werden. Etwas nicht schaffen. Einen Menschen verlieren. Weiterlesen

Umkehr zum Frieden

Umkehr zum Frieden, lautet das Motto der Friedensdekade. Umkehr zum Frieden ist die Aufgabe, wenn ein Krieg zu Ende ist. Bei Kriegsende ist ja noch lange nicht Frieden. Die Straßen stehen voller Ruinen, und auch die Menschen sind beschädigt und verstört und verbogen. So haben es die Älteren nach dem 2. Weltkrieg erlebt, so sehe ich es in vielen Ländern, die einen Bürgerkrieg hinter sich haben oder ein verbrecherische Regierung abgeschüttelt haben.
Wenn die Waffen endlich schweigen, wird wieder aufgebaut. Häuser und Geschäfte, Straßen und Brücken. Das lässt sich reparieren. Aber der Krieg hat sich auch in die Seelen eingegraben. Weiterlesen

Mit Abraham und Sara ins Unbekannte. Schulbeginn im Corona-Jahr

In einer fernen Zeit. In einem fernen Land. In Ur in Chaldäa. Eine große Familie stammte von dort. Zwei von ihnen: Abraham und Sara. Hier seht ihr sie. Sie hatten viele Tiere: Ziegen, Schafe. Und sie hatten sich. Es ging ihnen gut. Bis eines Tages
Abraham! Sara!
Sie blickten umher. Hat uns jemand gerufen, fragten sie. Aber niemand war zu sehen. Wir werden es uns eingebildet haben, zuckten sie mit den Schultern und lachten.
Abraham! Sara!
Wieder die Stimme. Diesmal schüttelten sie verwundert den Kopf. Erst als sie ihre Namen zum dritten Mal hörten, fragten sie sich, ob wohl Gottes Stimme zu ihnen redete. Und diesmal sprach sie weiter.
Abraham! Sara! Geht weg von hier! Weiterlesen

Sorgt nicht – Lockerungen im Mai

Beobachtet die Vögel, freut euch an den Blumen. Macht euch keine Sorgen (Matth. 6)**. Die meisten sind froh, dass sie wieder heraus können. Familien haben es wochenlang in engen Wohnungen miteinander ausgehalten. Selbständige haben gebangt, dass sie nicht Insolvenz anmelden müssen. Geschäftsleute drängen, dass sie Läden und Gaststätten wieder aufmachen können. Endlich Mai. Endlich Sonne und Luft. Freiheit schmeckt süß. Viele Menschen haben neu gemerkt, wie wertvoll – und verletzlich – demokratische Rechte sind: Freizügigkeit, Versammlungs- und Demonstrationsrecht. Weiterlesen