Worte sind wie Samenkörner. Sie gehen auf und wirken weiter. Aus Worten werden Taten, im Guten wie im Bösen.
Was im Internet gehetzt wird, hinterläßt Spuren. Die Saat des Hasses geht auf. Wir haben das nicht nur beim Sturm auf das Kapitol in Washington gesehen. Gruppen, die keine Lobby haben, erleben das jeden Tag am eigenen Leib, wenn auf ihre Kosten Witze gerissen werden, auf ihnen herumgetrampelt wird, auf sie eingeprügelt wird. Obdachlose können davon erzählen, Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe. Im Jahr 2020 wurden 350 Transsexuelle ermordet.
Manchmal sind Worte wie Dornen. Sie tun weh und verletzen. Sie können jeden Mut ersticken, das Selbstvertrauen zerstören. Oder Beziehungen zerbrechen daran. Manchmal sind sie gar nicht so gemeint. Vielleicht sind sie nur so dahingesagt. Aber sie tun trotzdem weh, manchmal noch nach Jahren.
Andere Worte bauen auf. Wir zehren davon, wenn uns andere loben. Noch nach Jahren beflügeln sie und spornen an.
Ein Satz verwurzelt sich in mir. Manches erschließt sich auch erst nach langer Zeit. Und Jahre später merke ich, was sie eigentlich bedeuten.
Worte wirken weiter und führen ein Eigenleben. Sie leben bei anderen weiter. Immer wieder bin ich erstaunt, was ich einmal gesagt habe, woran andere sich erinnern und was ihnen wichtig geworden ist. Manchmal erfahre ich nur zufällig, welchen Wert andere in das legen, was ich gesagt habe.
Aber wir säen nicht nur Worte. Wir säen auch Träume, Gedanken und Wünsche. Meine Ideen sind wie Samenkörner. Ich bin dankbar, dass sie mir nicht ausgehen, und ich brauche viel davon. Denn nicht alles von dem, was ich mir uns ausdenke und überlege, wird Wirklichkeit. Manches ist nicht richtig durchdacht, es fehlen die Voraussetzungen oder Leute, die mitziehen. Das ist ganz normal. Nur ein Bruchteil lässt sich umsetzen. Deshalb brauche ich viele Ideen und ich bin freue mich, wenn sie sprießen und Gestalt gewinnen.
Samenkörner sind wir letztlich selbst. Wie wir sind, wie wir leben, welche Werte wir leben, das wirkt auf andere. Kinder merken das ganz genau. Wie ihre Eltern mit sich umgehen. Wie sie sich in Beziehungen verhalten. Wie sie auf Herausforderungen reagieren und mit Niederlagen umgehen. Wie sie etwas wagen und wofür sie sich einsetzen. Damit prägen sie ihre Kinder. Und es erzählt mehr über sie als das, was sie sagen.
Samenkörner: unsere Worte, unsere Ideen und Träume, wir selbst. Was säen wir? Und geht es am Ende auf?
In der Beispielgeschichte von Jesus fällt nur ein kleiner Teil des Samens auf fruchtbaren Boden. Aber dieser Teil geht auf. Er fängt richtig an zu wachsen, wird kräftig und schön und trägt Früchte. Es trägt Früchte, die lauter neue Samenkörner werden. Das macht Mut.
Predigt zu Sexagesimae über Lukas 8,4-8
Andere Predigten in der Passions- und Vorpassionszeit
Hier: Predigten im Jahreslauf
Lukas 8,4-8
Als viel Volk zusammengekommen war und die Bewohnerinnen und Bewohner der Städte zu ihm strömten, redete Jesus mit Hilfe eines Vergleiches: 5»Jemand ging hinaus, die Saat zu säen. Beim Säen fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel des Himmels pickten es auf. 6 Anderes fiel auf felsigen Boden und verdorrte, sobald es aufging, da es keine Feuchtigkeit fand. 7 Wieder anderes fiel mitten unter Dorngestrüpp, und da dieses wuchs, wurde es erstickt. 8Ein anderer Teil fiel auf gute Erde und wuchs und brachte hundertfältige Frucht.« Er sagte es und rief: »Wer Ohren hat, zu hören, höre!« (Bibel in gerechter Sprache)