Theaterszene zu Johann Metze, Küster (gest. 1601) und Kanzelträger
(M: Johann Metze; I: Inverviewerin)
Pfarrerin: Wie Sie sehen, haben wir heute das Fernsehen zu Gast in der Jacobikirche. Die Techniker sind noch am Aufbauen, die Mikros müssen noch freigeschaltet werden, ich hoffe, dass nun alles klappt mit der Technik. Ja, und nun schalten wir um von Sangerhausen nach … Sangerhausen!
I Ja, guten Tag, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, liebe Studiogäste, und herzlich willkommen zu unserer allseits beliebten Sendung: Das war ihr Leben. Diesmal aus der Jacobikirche, denn wir haben heute am 1. Advent einen Überraschungsgast bei uns im Studio, und da kommt er schon: Johann … … Metze! (Beifall) (Händeschütteln)
Herr Metze, vor langer Zeit waren Sie schon mal in Sangerhausen. Wie ist das, wenn man in seine alte Stadt zurückkommt?

M: Der Markt sieht fast noch so aus wie damals – oder wieder. Ich habe natürlich zuerst nach meinem alten Haus geschaut und nach dem Pfarrhaus gegenüber von der Kirchentür. Damals hat Pfarrer Seume darin gewohnt und dann Pfarrer Heller und später Pfarrer Haberland – den kennen Sie wohl nicht mehr?!
I: (Hüsteln)
M Ach ja, die können Sie ja gar nicht mehr kennen!
Und in der Kirche – also damals waren hier noch keine Emporen, und die Orgel muß wohl auch neu sein mit den vielen goldenen Engeln.
I: Herr Metze, sagen Sie mal, wieso kennen Sie sich hier in der Kirche so gut aus?
M: Ich war doch hier Küster!
I: Was waren Sie? Küster???
M: Küster – das war mein Beruf. Vor dem Gottesdienst habe ich die Kirche aufgeschlossen und nachher wieder abgesperrt, und ich habe alles hier in Ordnung gehalten und vorbereitet. Die bunten Paramente aufgehängt – (I hakt ein:)
I: Sind das die Tücher an der Kanzel und am Altar?
M: Ja, und ich sehe, Sie haben heute das richtige hängen: violett in der Adventszeit, Weihnachten müssen Sie dann ein weißes aufhängen.
Die silbernen Kelche für das Abendmahl habe ich immer schön blank geputzt, das Wasser in das Taufbecken geschüttet, Blumen auf den Altar gestellt, die Kerzen angezündet.
Eine Zeitlang habe ich auch die Glocken geläutet, zusammen mit dem Türmer, aber wer die große Uhr aufziehen muß, darüber haben wir uns immer gestritten. Einmal am Tag die vielen Stufen auf den Turm hoch, das war mir alles zuviel.
I: Sie haben hier also alles für den Gottesdienst vorbereitet.
Wie lange ist das eigentlich alles her, was Sie uns hier erzählen?
M: Gucken Sie doch mal in Ihre Kirchenbücher. Da steht sogar drin, wann ich gestorben bin! Hier hab ich eine Kopie. (zieht die Kopie hervor)
I: (schüttelt den Kopf, stöhnt) Eine Klaue!
(gibt sie an Gemeinde weiter) Können Sie das lesen?
(Johann Metz Kirchner 11. Decemb [1601]) 11. Dezember 1601 – wir haben jetzt 2001 , das ist ja 400 Jahre her!! 11. Dezember, Dienstag in einer Woche also. Das ist ja direkt ein Jubiläum! 11. Dezember 1601! Wenn Sie nicht gestorben wären, müßte ich ihnen ja direkt gratulieren!
Aber, sagen Sie mal, waren Sie eigentlich verheiratet?
M: Ja, und wir hatten sogar eine Tochter, Barbara.
I: Und wo haben Sie eigentlich gewohnt?
M: Kennen Sie nicht die alte Küsterei gegenüber von der Fleischerei Hucke an der Ecke von der Kylischen Straße und Friedrich-Schmidt-Str? Als ich vorbeigegangen bin, hab ich ein Schild gelesen: Kreiskirchenamt.
Die müssen angebaut haben. Früher hatten wir nur 1 Zimmer, 2 Kammern und den Keller. Der war wichtig für die Vorräte. Auf dem Hof hatten wir noch einen Schweinestall. Ein Bad hatten wir leider nicht.
I: Gab’s denn keine Wasserleitungen?
M: Nein. Und wir hatten auch keinen Brunnen. Alles Wasser mußten meine Frau und Barbara von der Arche auf dem Markt holen.
M: Aber das Bier mußten sie nicht so weit schleppen. Das Brauhaus steht heute nicht mehr. Es war fast gegenüber, der freie Platz in der Friedrich-Schmidt-Straße.
I: Da, wo heute die Müllcontainer und das Telefonhäuschen stehen?
M: Ja. Und außerdem haben wir immer etwas abbekommen, wenn andere Leute dort Bier gebraut haben. Das gehörte nämlich zu meinem Gehalt.
I: Was, Sie haben nicht nur Geld gekriegt, sondern auch Bier?! Und das als Küster!!
M: Naja, das war ein dünnes Gesöff. Außerdem hab ich ziemlich wenig Geld gekriegt. Stattdessen hab ich nach der Ernte einige Säcke Getreide bekommen und im November eine Fuhre Holz zum Heizen. Im Herbst Weintrauben, im Frühling Eier. Also meine Frau hat ganz schön zu tun gehabt, damit nichts schlecht wird. Und dann mußte es das ganze Jahr reichen. Wenn ein Kind getauft wurde oder jemand geheiratet hat, habe ich Brot und Wurst extra bekommen. Dafür, dass ich in der Kirche alles vorbereitet habe, auf- und zugeschlossen habe.
I: Herr Johann Metze mit dem Kirchenschlüssel – also Sie möchte ich damals gesehen haben!
M: Kein Problem, ich bin auch hier zu sehen. Ich bin in dieser Kirche abgebildet.
I: (entrüstet) Jetzt tragen Sie aber mächtig dick auf! Ich kenne doch die Jacobikirche. Wo soll das denn sein?! Metze mit dem Kirchenschlüssel!!!
(das Publikum meldet sich bestimmt bzw.: Kinder, sucht doch mal, ob ihr ihn findet! – diw Kinder entdecken Johann Metze als Petrus mit dem Schlüssel als Kanzelträger) Autogrammkarten verteilen (Karte mit Bild von Johann Metze)

I Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, diese Überraschung ist zuviel – selbst für unsere allseits beliebte Sendung: Das war ihr Leben. Wir machen jetzt erst einmal Pause und schalten einen Musikblock ein. (Orgel)
I: Herr Metze, unsere Schlüssel sehen heute alle ziemlich gleich aus, aber Sie haben einen großen mitgebracht!
M: Ja, den können Sie nicht so leicht verlegen. Solche riesigen Schlösser hatten wir damals an der Kirche und an unseren Truhen. Da konnte niemand so schnell einbrechen.
Wenn ich damit die Kirche aufgeschlossen habe, bin ich mir manchmal wie Petrus vorgekommen.
I: Meinen Sie Petrus, den Freund von Jesus? Der ist ja auch oft mit dem Schlüssel in der Hand zu sehen.
M: Ja, den meine ich. Denn Jesus hat einmal zu Petrus gesagt: Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.
I: Das klingt ja ziemlich gewaltig.
M: Naja, ich habe auch nicht immer alles sofort begriffen, was in der Bibel steht. Da war ich froh, wenn es mir jemand erklärt hat, so dass ich es verstanden habe. Das war dann wie ein Schlüssel für mich, und manchmal bin ich richtig froh geworden. Und vor allem habe ich mich selbst besser verstanden. Das war, als ob die Himmelstür einen Spalt geöffnet wird.
Wenn ich die Kirche aufgeschlossen und die Kerzen angezündet habe und alles so schön strahlte, dann war mir so, als ob ich den Leuten ein bisschen vom Himmel zeigen kann. Und dabei bin ich doch nur ein einfacher Küster!
I: Herr Metze, das war ein schönes Schlußwort. Gott legt den Schlüssel zum Leben in unsere Hände. Das könnte direkt das Motto für Ihr Leben gewesen sein.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, das war die heutige Ausgabe von unserer beliebten Sendung „Das war ihr Leben“. Der Schlüssel zum Himmel. Damit verabschieden wir uns aus Sangerhausen. Hier im Studio singen wir jetzt von den Türen, die aufgehen: Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!
Theaterszene im Familiengottesdienst am 2. 12. 2001 (1. Advent), 400. Todestag von Johann Metze am 11.12.2001
Weitere Predigten in der Advents- und Weihnachtszeit: hier