Ich habe noch einmal das Schaf von Weihnachten mitgebracht. Es ist das Schaf von den Hirten auf dem Feld und von den Tieren in der Krippe, inmitten derer das Kind geboren wurde und zu denen es kam, damit Frieden auf Erden werde für alle Kreatur. Mit Schafen hat es angefangen.
Am Ende, am Karfreitag soll er selbst das Schaf sein.
Er hat sich zum Dummen gemacht, sagen die einen, aufgerieben, am Ende fallengelassen. Er ist der Sündenbock, geopfert für die Sünden der Welt, sagen die anderen.
Ich mag nicht an einen Gott glauben, der Opfer braucht, der darauf angewiesen ist, dass Menschen und Tiere sterben. Es wird genug gestorben und gelitten in der Welt, und dieser Tod war zu grausam und sinnlos, um ihn zu rechtfertigen. Sie haben sich an ihm ausgelassen, und er hat gelitten wie ein Lamm auf der Schlachtbank, unschuldig, klaglos. Ein Schaf und weltfremd, wer wie die Blumenkinder Gewaltlosigkeit und Liebe und Gottvertrauen predigt und sich nicht wehrt. Anderen hat er geholfen und kann sich selbst nicht helfen. Der Träumer scheitert am Kreuz der Realität.
Doch das Ende ist nicht das Ende. Das Schaf trägt den Sieg davon. Es ist zum Osterlamm geworden, zum Symbol für den auferstanden Christus, der den Tod überwunden hat. Ausgerechnet er. Das Lamm wird mit der Siegesfahne dargestellt. So ist es sogar in manchen Kirchen zu sehen oder auch auf Hostien. Welch ein Paradox: Ausgerechnet das Schaf gewinnt.
Beim Wettlauf zwischen Hase und Igel, Leben und Tod, Gewalt und Sanftmut, beim Rüstungswettlauf, beim Wettlauf um die Zeit, die uns bleibt, die Schöpfung zu bewahren – das Lamm gewinnt.
Ostern erzählt uns, dass am Ende doch nicht das triumphiert, was uns das Herz niederdrückt. Die Kraft der Auferstehung ist stärker. Sie will uns helfen, das Schwere und Bittere auch in unserem Leben zu durchstehen und zu überwinden. Wie viel Frechheit und Gleichgültigkeit und Machtgerangel uns auch begegnen mögen – es zahlt sich aus, wenn wir uns nicht davon gefangen nehmen lassen und Gleiches mit Gleichem vergelten. Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Tatsächlich, die Siegesfahne trägt das Lamm, die Verkörperung der Sanftheit. Die Letzten werden die Ersten sein. Ostern macht uns Mut, dass es sich am Ende doch lohnt, in Güte und Gerechtigkeit und Gewaltlosigkeit zu leben.
Ich habe eine Schaf mitgebracht, denn auch die IsraelitInnen haben einst ein Schaf gegessen in der Nacht, in der sie aus der Sklaverei aufbrachen in die Freiheit. Das Passah-Lamm erinnert daran, dass Gott ein Gott der Befreiung ist. Gott ergreift Partei für das Leben. Gott eilt zu den Bedrückten, wenn sie ihre Fesseln abschütteln, und begleitet die Menschen auf dem Weg in die Freiheit.
Das dumme Schaf heißt es, Phantast, Pazifist, Spinner, Öko, Weltverbesserer, all die Dummen dieser Welt. Aber es wird sich zeigen, wer am Ende die Dummen sind und wer zuletzt lacht in dieser Welt. Wie schnell selbst Börsenkurse fallen können, das hat sich gezeigt, als vor ein paar Jahren die Internet-Blase platzte und der „Neue Markt“ zusammenbrach. Die Bibel ist sich sicher: auf dem Thron wird das Lamm sitzen. Es wird die Schafe von den Böcken scheiden und es wird jene zu sich rufen, die die Hungernden speisen, die Fremden in unserem Land aufnehmen und selbst die Toten nicht unbegraben lassen. Ostern triumphiert das Leben. Das Lamm hat den Thron eingenommen. Jesus ist in den Tod hineingegangen und hat ihn überwunden.
Ostern
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