Gottesbilder heute

Wir haben etwas gemacht, was sich in der Kirche eigentlich nicht gehört: wir haben uns ein Gottesbild gemacht. Wir haben versucht, Gott zu malen.
Sich ein Bild von Gott machen, das wird in der Bibel verboten. Im Alten Testament findet es sich, es ist ursprünglich das 2. Gebot: du sollst dir kein Bildnis machen. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! (Ex 20,4-5)

Kein Bildnis machen – das kann viel bedeuten. Im Islam gibt es dieses Bilderverbot auch, es ist streng. Es bezieht sich auch auf die Menschen. Es ist verboten, Menschen abzubilden. Wer einen Menschen malt oder darstellt, interpretiert ihn immer. Wer malt, hebt einiges hervor und vernachlässigt das andere, stellt den Menschen in ein bestimmtes Licht. Indem der Maler, die Malerin ein Bild von einem Menschen macht, legt es ihn fest – so wie ich ihn oder sie sehe. Dieses Bild ist dann da und es kann nicht mehr verändert werden. Und es wir immer unvollständig sein. Wie sich ein Mensch entwickelt, kann kein Bild festhalten.
So ist es auch mit den Bildern im übertragenen Sinn, die wir uns von Menschen machen. Wir werden nie alle Seiten eines Menschen kennen.

Im Alten Testament wird das Bilderverbot so ausgelegt, daß es verboten ist, Gott darzuzstellen. In der Praxis sah das etwas anders aus. Bei archäologischen Ausgrabungen ist viel zutage getreten. Kleine Figuren stellen vor allem Göttinnen dar. Die Leute hatten sie in ihren Häusern, so ähnlich wie Heiligenbildchen oder Marienfiguren. Aus diesen Figuren läßt sich ablesen, wie die Leute sich Gott vorstellten, daß sie z.B. auch weibliche Züge trug.
Du sollt dir kein Bildnis machen – das war vor allem im Tempel in Jerusalem wichtig. Es gab keine Götterbild, keine steinernen Statuen oder Plastiken. Wer aus Griechenland nach Israel reiste und all die schönen Hera-, Apollo- und Athene-Tempel kannte, wird sich gewundert haben. Der Tempel in Jerusalem war leer. Gott läßt sich nicht in Biler fassen, in einen Steinklotz pressen.

Martin Luther hat das 2. Gebot für nicht mehr zeitgemäß erachtet. Damit es trotzdem 10 Gebote bleiben, hat er das letzte geteilt.

Ob gemalt oder nicht – Bild von Gott machen wir uns alle. Wir tragen es im Kopf mit uns herum, manchmal ist es uns nicht so bewußt. Auch in unserer Kirche haben wir zwei Gottesbilder. Das eine ist über dem Taufdeckel. Auf dem Taufdeckel sehen wir, wie Johannes der Täufer Jesus tauft. Darüber ist eine Taube zu sehen, das Symbol für Gottes Geist. Ganz oben im Chorgewölbe ist tatsächlich Gott dargestellt. Er – tatsächlich ein er – hält die ganze Szene in der Hand.
Das zweite ist an der Kanzel. Gott hält die Weltkugel in der einen Hand, mit der anderen segnet er. Er hat ein Gesicht – das Gesicht eines alten Mannes mit Bart. Ehrwürdig ist er und alt.

Wie wir uns Gott vorstellen, darin spiegelt sich auch die Zeit wider. Ein ehrwürdiger alter Patriarch – das zeigt, wie die Gesellschaft früher geordnet war. Ein Herrscher stand an der Spitze, der König, der Kaiser. – selbstredend ein Mann. Die Menschen um ihn herum sind ihm untergeordnet. Vergleichsweise gut dran waren die Menschen, deren Herrscher weise war und kein Tyrann oder Despot. Denn viel Einflußmöglichkeiten hatten die Leute nicht. Die Zügel der Regierung hatte einer in der Hand.
Unsere Zeit hat sich geändert. Als Deutsche wissen wir inzwischen besonders, wie gefährlich sein kann, wenn ein Führer alles bestimmt. Führer befiehl, wir folgen dir – so sind unsere Großeltern und Urgroßeltern in den Krieg gezogen.

Wir verstehen unsere Gesellschaft heute anders, nicht von oben nach unten strukturiert, sondern eher als Netzwerk. Uns ist wichtig, daß alle die gleichen Chancen haben. In der Demokratie bestimmen alle mit und bringen sich alle ein.

Wir kennen aus Gesangbuchliedern aus dem 17. Jh ist noch den Wunderbaren König, Herrscher, Regent. Früher haben Kinder oft den alten Mann mit Bart gemalt. Doch unsere Zeit hat sich gewandelt, unser Selbstverständnis, und ich glaube, unser Bild von Gott wandelt sich auch. Da tritt zutage Gott auf den Spuren der Menschen, voller Zärtlichkeit und Liebe, uns ermutigt, Verantwortung für die Welt zu übernehmen. Während für Martin Luther Gott noch „ein feste Burg,, „ein gute Wehr und Waffen“ war, sucht Gott heute mit uns den Frieden und baut Brücken, reißt Mauern ein.
Die Bilder der Jugendlichen zeigen: Gott thront nicht über den Wolken, sondern hält Einzug in unsere Welt und reagiert auf die Probleme der Menschen. Es ist eine Bereicherung, wie junge Leute Gott heute sehen.

 

Predigt am 10. 5. 2009 bei der Vorstellung der Konfirmandinnen und Konfirmanden

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