Ich denke über den Geschenkerummel anders, seit ich den alten Mann kennengelernt habe. Als ihm die Frau gestorben ist, haben die Kinder ihn zu sich genommen. Weihnachten wollten sie es ihm besonders schön machen. Selbstverständlich lagen bei der Bescherung auch für ihn ein paar Päckchen unterm Christbaum. Er warf einen Blick hinein, murmelte so etwas wie „Danke“ und legte sie zur Seite. Wie liebevoll sie eingepackt waren, hat er überhaupt nicht mitbekommen. Er selbst hat niemandem etwas geschenkt, nicht den Kindern, nicht den Enkeln. Seine Kinder löschten am Abend bedrückt die Kerzen am Baum. Ihre Zuwendung und ihre Geschenke nimmt er als selbstverständlich hin. Auf den Gedanken, dass er selbst etwas geben könnte, kommt er nicht. Das hatte er immer seiner Frau überlassen. Ein armer Mann! Nicht materiell. Ein Zeichen der Freundlichkeit und des Dankes muss nicht viel kosten. Ein Geschenk soll von Herzen kommen – und darf auch ruhig so aussehen. Also z.B. hübsch eingewickelt. Es macht Spaß, anderen eine Freude zu bereiten, sich etwas Originelles für sie auszudenken und ihre Neugier beim Auspacken zu beobachten. Reich ist, wer es gelernt hat, andere zu beschenken. Und reich ist, wer umgekehrt etwas annehmen und es als Zeichen der Zuwendung würdigen kann, wer sich freuen und bedanken kann. Wie glücklich, wer selbst für die Sonne am Morgen dankbar sein kann!
Weihnachten können wir beides lernen: Schenken und Beschenkt werden. Gott kommt als kleines Kind auf die Erde. Er schenkt sich uns Menschen, und deshalb erfreuen auch wir uns gegenseitig mit Gaben. Haben Sie noch nicht alles beisammen? Statt sich heute auf die Jagd in überfüllte Geschäfte zu stürzen, könnten Sie in derselben Zeit entspannt eine Kleinigkeit nett dekorieren und mit ein paar persönlichen Worten versehen. Das kommt, da von Herzen, mit Sicherheit gut an. Übrigens auch bei Kindern. Und Heiligabend – freuen Sie sich doch einfach, was Sie so alles geschenkt bekommen!
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