Ich war vor einem Jahr in Mexiko. Das liegt in Amerika, unterhalb von den USA, zwischen Nord- und Südamerika. Wir haben uns die Hauptstadt, Mexiko-City, angeguckt, und wenn wir abends müde und verschwitzt nach Hause kamen und uns die Hände waschen wollten, kam kein Tropfen Wasser aus der Wasserleitung. Und auf die Toilette gehen konnten wir auch nicht. Jeden Abend war von 6 bis 8 oder 9 Uhr das Wasser abgestellt. Und wir hatten noch Glück. In ärmeren Bezirken der Hauptstadt gibt es halbe Tage lang kein Wasser oder nur wenige Stunden.

Trinken durften wir es allerdings nicht. Es hatte zu viele Keime. Die Leute kaufen es in großen Kanistern und schleppen es in ihre Wohnungen. Das ist teuer, besonders für die Armen.
In diesem Sommer war auch bei uns das Wasser knapp. In einigen Dörfern im Harz mußten sogar Wasserwagen kommen. Es war verboten, den Rasen zu sprengen. Die Feuerwehr durfte keine Übungen mit Trinkwasser machen. Wir haben erlebt, was in vielen Ländern der Welt Alltag ist. Monatelang herrscht Dürre. Manchmal regnet es sogar ein ganzes Jahr nicht. Oder länger. Erst vertrocknen die Wiesen. Dann gibt es zu wenig Heu und das Futter für die Kühe, die Ziegen und die Pferde wird knapp. Das Getreide hat weniger Körner in den Ähren und muß vorfristig geerntet werden. Erst hungern die Tiere, bald auch die Menschen.
Im Bibelspruch für dieses Jahr, in der Jahreslosung, sagt Gott: „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offenbarung 21,6) Klares, lebendiges Wasser, das ist für viele Menschen auf der Welt ein Traum. Besonders die Armen wünschen sich sauberes Wasser, Wasser, das umsonst ist, das sie nicht bezahlen und mühsam heranschleppen müssen. Und in Sangerhausen haben die Leute jahrelang auf die Leitung mit dem Wasser aus dem Harz gewartet. Endlich sprudelt uranfreies Wasser aus dem Hahn, und Wasserkocher und Waschmaschine verkalken nicht so schnell.
Der Bibelspruch erzählt, daß Gott uns alles, was wir auf der Erde brauchen, im Überfluß gibt. Es ist für alle da und nicht nur für wenige. Wenn wir sorgsam damit umgehen und gerecht teilen, reichte es für alle. Wasser und Nahrung und Medikamente und Schulen sollen für alle da sein, besonders für die, die es am dringendsten brauchen.
Für die Kinder, die in den Ländern des Südens wohnen, sind wir hier in Deutschland allesamt reich, unvorstellbar reich. Trotzdem sind viele Kinder – und auch viele Erwachsene – nicht so richtig glücklich. Sie sind unzufrieden, sie langweilen sich, sie werden schnell wütend und wissen gar nicht so richtig, warum. Sie fühlen sich leer. Es ist eine andere Art von Durst, ein Durst nach Leben. Sie sind durstig, daß sie jemand beachtet und lobt, daß jemand sie versteht und sie mag. Sie wünschen sich, daß sie umarmt und geliebt werden. Gott willm daß unser Durst nach Leben gestillt wird. Wir sollen vor Freude sprudeln, das Leben soll in uns pulsieren und spritzen.
Zum Erntedankfest bringen wir Erntegaben zum Altar. Wir bringen nach vorn, was in Garten und Feld gewachsen ist, Kartoffeln, Äpfel, Blumen. Wir sind dankbar, was alles trotz der Hitze gediehen ist. Wir geben ab und teilen mit denen, die keinen Garten haben oder die nicht soviel haben. Wir spenden an die Sangerhäuser Tafel oder für die Hilfsorganisation „Brot für die Welt“.
Heute steht auch ein Krug mit Wasser auf dem Altar. Das Wasser ist genauso kostbar. Wir können sauberes, uranfreies Wasser trinken. Wir müssen keinen Durst haben. Wir sind lebendig; in uns sprudelt das Leben. Und alle können davon abbekommen und glücklich sein. „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“
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