Die ägyptischen Pharaonen wollten auch im Tod ungestört ruhen. Schließlich gab es schon im Altertum Grabräuber. Selbst die Pyramiden blieben davon nicht verschont. Im Tal der Könige tüftelten die geschicktesten Konstrukteure, damit die Gräber am Nil zu Festungen für die Ewigkeit werden. Als Tutanchamun 1325 v.u.Z. starb, wurde sogar ein Fluch eingesetzt. Auf einer Tontafel warnte er jene Grabräuber, die schon vor dem Ziel standen.
Die Vorsorge hat sich gelohnt. 1922 fand man Tutanchamuns Mumie unversehrt – und die Welt staunte über die unermeßlichen Schätze, die den dreifachen Sarg umgaben. Freilich starben kurz hintereinander mehrere am Fund beteiligte Menschen… Bis heute spekulieren manche über den Fluch des Pharao.
Was werden unsere eigenen Nachfahren in 3000 Jahren finden, wenn sie nach der heutigen Kultur graben? Pyramiden bauen wir nicht mehr, aber Gräber haben wir auch. In Salzstöcken vergraben wir strahlenden Wohlstandsmüll. In einem Betonsarkopharg haben wir den Reaktor von Tschernobyl versiegelt. Weiterlesen
2015
Thomas nimmt nicht alles hin
Da ist einer, der eine Geschichte mit Jesus hat. Thomas. Sein Vater hieß Alphäus. Er wird in allen Apostel-Listen erwähnt. Er ist mit Jesus durch’s Land gezogen. Er hat gehört, wie Jesus gepredigt hat. Er hat gesehen, wie Jesus Menschen froh und heil gemacht hat. Er war dabei, als Jesus den Lazarus auferweckt hat. Er hat sich mit Jesus auseinandergesetzt, hat gefragt, hat auf seine Fragen Antwort bekommen. Weiterlesen
Aufstehen zu Ostern
Aufstehen, auferstehen, das ist im Neuen Testament dasselbe Wort (anhistemi).* Menschen stehen auf, nachdem sie gegessen haben, wenn sie krank waren oder wenn sie zu einer Reise aufbrechen. Aufstehen, das ist ein Alltagswort.
Mit diesem Wort beschreibt die Bibel, wie Menschen heil werden. Die kranke Schwiegermutter des Petrus steht auf oder der Gelähmte, die Tochter des Jairus oder Maria, die um ihren toten Bruder Lazarus trauert und hört, daß Jesus kommt: Sie steht schnell auf und geht ihm entgegen. Und mit diesem Wort erzählt die Bibel, was zu Ostern passiert: Jesus steht auf.
Wir sagen meistens „auferstehen“. In der Kirche schieben wir eine Silbe in das Alltagswort und trennen es von dem, was wir täglich erleben. Aus „aufstehen“ wird „auferstehen“ und aus „aufwecken“ „auferweckt“.
Aber in der Bibel gehört es zusammen. Weiterlesen
Haus – Gemeinde – Gemeindehaus
Das Christentum begann in den Häusern. Es kommt aus den Häusern in Jerusalem, Antiochia, Joppe. Das Haus von Maria und ihrer Sklavin Rhode, von Hananias und Saphira, von Tabita in Joppe, der Witwen in Jerusalem. Bei ihnen, in ihren Häusern sammelten sich die ersten Gemeinden und breiteten sich aus, nach Antiochia, nach Syrien, schließlich nach Europa – zu Lydia in Philippi, der ersten europäischen Christin, zu Priska und Aquila in Korinth, bis nach Rom, zur Apostelin Junia und ihrem Mann Andronikus. Die Frauen, denen der Auferstandene die Botschaft am Ostersonntag auftrug: Geht nach Galiläa, sie haben ihren Auftrag erfüllt.
Später trafen sich die Gemeinden im Umfeld von Synagogen und Katakomben. Erst viel später bauten sie Kirchen. Und Klöster. Und Paläste. Und Residenzen, wie die Neue Residenz in Halle. Weiterlesen
Oh, ein Spatz!
Oh, ein Spatz! So freute sich meine Tante vor ein paar Jahren, als wir über den Marktplatz gingen. Ich habe lange keinen mehr gesehen, erklärte sie, als sie meine verwirrten Blicke sah.
Ich stutzte und überlegte. Tauben, murmelte ich, Tauben gibt’s zuhauf. Im Kirchturm sind sie eine Plage. Die Amsel flötet manchmal draußen; Schwalben schwirren. Elstern, Mäusebussard, selbst eine Nachtigall habe ich im Mai schlagen gehört. Aber Spatzen, Sperlinge? Weiterlesen
Brotwerdung Gottes
Ich bin das Brot, das vom Himmel herabsteigt. Das Brot steigt vom Himmel herab. Kann Brot herabsteigen? Was für eine urtümliche Vorstellung! Stammt sie aus Zeiten, in denen Bäume und Tiere sprechen konnten, die Quellen Zauberworte murmeln und eine Blume eine Tür zu öffnen vermag? Die Erde tut ihren Mund auf, das Blut des erschlagenen Bruders ruft zum Himmel um Hilfe und die Wolken regnen Gerechtigkeit herab auf die Menschen.
Das Brot steigt vom Himmel herab. Das Bild von Jesus versetzt uns in andere Zeiten, in eine andere Welt.
Aber die Zeiten damals, sie waren keineswegs wundersam, sondern hart und bitter. Das Brot war kostbar für die, die nichts zu beißen hatten. Die Luft war erfüllt von Schweiß und Tränen, sie hallte wider von den rauen Befehlen der römischen Soldaten, von Peitschenknall und dem Schluchzen der Armen. Weiterlesen
Alles ist erlaubt
Alles ist erlaubt -aber nicht alles nützt.
Alles ist erlaubt -aber nicht alles baut auf.
Denkt dabei nicht an euch selbst,sondern an die anderen. (1. Korinther 10, 23-24)
Diese Worte von Paulus sind die vorweggenommene Grundlage einer multikulturellen, demokratischen Gesellschaft. Weiterlesen
Zettel falten – Wahlen in der DDR
Sonntag, 7. Mai 1989, 18 Uhr. Der Wahlleiter in der Berufsschule schnaubte: eine Mutter mit zwei Töchtern wollten die Stimmauszählung beobachten! In Sangerhausen! Er versuchte, die drei des Raumes zu verweisen. Aber sie ließen sich nicht abwimmeln, die Auszählung sei schließlich öffentlich. Weiterlesen
Blinder Fleck
Ich sehe was, was du nicht siehst
Wir alle haben einen blinden Fleck. Mitten im Auge. Dort, wo der Sehnerv auf die Netzhaut trifft, sehen wir nichts. An allen anderen Stellen der Netzhaut nehmen wir (hoffentlich) optische Reize wahr. Aber an dieser einen Stelle sind wir buchstäblich blind. Interessanterweise ist dieser blinde Fleck die Voraussetzung, daß wir überhaupt etwas sehen. Weiterlesen