– Mama !!! Hat geklingelt !!!
– (Mama, genervt:) Ja. Wer iss’n da?
– Weiß nich. Sieht aus wie ein Bettler.
– Was will er?
– Weiß nich, du mußt mal zur Tür kommen.
„Offene Türen“, davon reden wir gern in der Kirche, im übertragenen Sinne und am meisten im Advent (macht hoch die Tür…) Wie schwer es fällt, die Tür wirklich zu öffnen, merke ich in solchen Situationen.
Die Tür ist die Grenze. Wer „draußen vor der Tür“ steht, ist irgendwann ’rausgefallen im Leben. So weit, dass er oder sie bei Fremden klopfen und manchmal die phantastischsten Geschichten erzählen (oder erfinden) muß – um ein Stück Brot, eine Zigarette, einen Euro. Erniedrigend ist das, für beide Seiten, und beschämend für unsere Welt.
Jesus sagt: Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir. (Offenbarung 3,20) Etwas geben (oder auch nicht), das Gewissen beruhigen, die Tür wieder zu machen. Aber zum Essen einladen?! Sich zum Mahl einladen lassen, im eigenen Haus?!
Es ist beunruhigend, diesen Bibelvers so zu lesen. Es schmeckt mir nicht. Dafür haben wir ja unsere Einrichtungen. Und dort wird Hilfe professionell geleistet. Also nicht nur den Teller Suppe gibt’s dort, sondern Hilfsangebote, das Leben zu ordnen. Deshalb sammeln wir unsere Gaben zum Erntedankfest für die Sangerhäuser Tafel und für Brot für die Welt.
Dennoch: die Unruhe bleibt.
Die Tür öffnen, das ist mehr als nur ein Almosen oder eine Spende herüberschieben. Das bedeutet, sich auf den Menschen einlassen, der draußen steht, auf seine Geschichte und seine Hoffnungen. Das kann bereichernd sein und den Horizont erweitern. Das kann das eigene Lebensbild in Frage stellen. Wer gibt und wer empfängt – diese Rollen sind nicht mehr festgelegt. Wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir, sagt Jesus. Die Tür wird durchlässig. – Kann ich das aushalten? Will ich mich so weit einlassen und mich verändern?
Helmut Hartmann, in den 80er Jahren Superintendent in Halle und später Leiter der Stadtmission in Erfurt, hat einmal gesagt: „Die Abendmahlstische in unseren Kirchen und Gemeindehäusern haben etwas zu tun mit den Tischen im Gefängnis, im Obdachlosen- oder Frauenhaus, im Asylbewerberheim und mit den Steinen, von denen Straßenkinder unter Brücken oder in Abbruchhäusern essen.“ Jesus Christus sagt: Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir. Eine Zumutung?!
Weitere Predigten in der Advents- und Weihnachtszeit: hier