Fast 750 Jahre ist es her, dass die SangerhäuserInnen ihre Stadt erweiterten, den großen Marktplatz anlegten und darauf das Rathaus errichteten und die Kirche – groß genug, um die Menschen dieser Stadt zu beherbergen. In diese Kirche kamen sie, wenn sie Trost suchten oder Schutz in Kriegszeiten. Die Ratsherren und Bürgermeister zogen hier ein, wenn ihre neue Amtsperiode begann. Ihre Glocken warnten vor Feuer oder Angriff, sie mahnten allabendlich zum Frieden und läuteten den Toten heim. Was die Sangerhäuser*nnen über die Jahrhunderte erlebten an Freud und Leid – die Steine der Kirche haben es gesehen als stumme Zeugen.
Die Menschen waren dieser Kirche verbunden, sie haben sie gebaut, bewahrt und erneuert und mit Leben gefüllt. Jede Generation hat das Ihre beigetragen – bis heute, ins Jahr 2003.
Wie die Marktkirche 1271 aussah, wissen wir nicht mehr. Aber ihre Steine wurden wieder verwendet, als Meister Heinrich 1457 den Auftrag bekam, nach und nach an alter Stelle einen neuen Bau zu errichten.
Ich bin ein Pfeiler. Mit mir begann es, als die Arbeiter die Jacobikirche neu bauten, 1457. Seitdem blicke ich auf die Menschen herab.
Die Glücklichen und die Traurigen, die Armen, die Stolzen, die Reichen, Alte und Junge – alle, die je hier hereinkamen, ich habe sie alle gesehen.

Ich bin der Altar. Eigentlich bin ich viel älter als diese Kirche. Früher stand ich im Augustinerkloster, da, wo heute die Friedrich-Schmidt-Schule ist. Zeitig in der Nacht, am Morgen, mittags und abends sind die Mönche in die Klosterkirche gesungen und haben wunderbare Psalmen gesungen, auf lateinisch. Dabei haben sie auf mich geschaut. Und während der langen Stundengebete…
… haben sie sich auf mich gestützt, denn ich bin das Chorgestühl und komme auch aus dem Augustinerkloster. Dort stand ich, bis 1539 die Reformation eingeführt und Sangerhausen evangelisch wurde. Seitdem stehe ich zusammen mit dem Altar in der Jacobikirche.
Ich bin die Kanzel. Weil hier die Bibel ausgelegt wird, sind auf mir Apostel und Propheten zu sehen. Und weil für die Evangelischen die Predigt so wichtig ist, haben mich die Leute in die Mitte des Kirchenschiffs gestellt.
Ein Auswärtiger war es, der meinen Deckel gestiftet hat: Caspar Stockhausen aus Frankenhausen. Er war mit dieser Kirche verbunden, weil seine Frau Margarete gestorben war, die hier gelebt hatte.
Immer wieder ist diese Kirche auch anderen ans Herz gewachsen und erfreut Leute, die von anderswoher kommen – bis heute.
Ich bin die Orgel. Ich wurde 1728 eingeweiht. Damals sangen die Leute viel langsamer als heute. Alle freuen sich, wenn ich spiele und ihnen auf meine Weise helfe, Gott zu loben.
Ich bin ein Fenster aus der Nachkriegszeit. Der Sangerhäuser Maler Wilhelm Schmied gestaltete mich 1950 / 51. Mit der Krippe erinnere ich euch an Weihnachten, mit dem Kreuz an Karfreitag und Ostern und mit der Taube an Pfingsten.
Ich bin der Opferlichtleuchter und wurde vor 2 Jahren gespendet. Ich ahne, was die Menschen bewegt, wenn sie eine Kerze anzünden und auf mich stellen.
Ich lasse meine Flamme still und freundlich leuchten, damit sie wissen: Ihre Wünsche und Hoffnungen, ihre Freuden und Sorgen finden bei Gott ein Ziel.
Von Generation zu Generation ist diese Kirche den Sangerhäuserinnen und Sangerhäusern wichtig geworden – ein Haus Gottes und der Menschen.
Spielszene am 6. Juli 2003, von den jeweiligen Plätzen in der Kirche gesprochen
Alle Predigten über die Jacobikirche: Steine predigen
Weitere Predigten in der Trinitatiszeit: hier
Predigten im Jahreslauf: hier