Maria und Josef sind unterwegs nach Betlehem. Manchmal legt Maria Josefs Hand auf ihren Bauch. Spürst du es? Es bewegt sich, flüstert sie ihm ins Ohr. Sie ahnt, das Baby wird bald kommen – hoffentlich nicht schon unterwegs.
Maria malt sich alles in Gedanken aus, so wie tausende anderer werdender Mütter auch die Windeln zurechtlegen und das Kinderbettchen vorbereiten. Wie wird die Geburt sein? Hoffentlich tut es nicht zu weh und es ist eine Hebamme zur Stelle, wenn es soweit ist. Ob ich es dann gleich stillen kann? Vor allem fragt sich Maria: Wo werde ich dann unterkommen?

Wo werde ich einen Platz finden? Vor dieser Frage stehen auch junge Frauen heute. Annika zum Beispiel. Annika erwartete ein Baby. Das war 2008. Sie und ihr Freund freuten sich riesig – und wussten gleichzeitig nicht wohin. Denn sie galten als behindert und wohnten beide in einer Einrichtung.
Behinderte Eltern mit Kind? Dafür gab es nirgendwo Plätze. Keine Einrichtung war auf eine solche Familie vorbereitet. Kein Amt kannte einen Paragraphen für diesen Fall. Gebt doch das Baby in eine Pflegefamilie, hörten Annika und Niclas immer wieder. Aber das wollen wir nicht, sagten die beiden. Die Zeit verstrich. Aber das Baby wuchs. Es bewegte sich. Annikas Bauch wurde rund und runder. Annika packte vorsichtshalber schon die Tasche für das Krankenhaus. Sie kümmerte sich um Stampelanzüge und Windeln. Doch eine Wickelkommode für das Kleine konnte sie nicht anschaffen. Wohin hätte sie sie stellen sollen? Wo werden wir einen Platz finden, fragten Annika und Niclas sich immer öfter, je näher die Geburt rückte.
Im Christlichen Jugenddorf (CJD) fanden sie schließlich Aufnahme. Das war auch gut so, denn es war höchste Zeit. Das CJD wagte ein Pilotprojekt, wie das so schön heißt. Die Jugenddorfleitung, das Jugendamt, die Mitarbeiter_nnen – alle machten mit. Alle freuten sich, als das Baby geboren war. Alle unterstützten die junge Familie.
Inzwischen ist Emma sogar getauft und die Hasentorstraße ist zu einer guten Adresse für behinderte Eltern mit Kind geworden. Mittlerweile gibt es Wohnungen für 7 Familien, drei weitere sind schon ausgezogen und haben eine Wohnung in der Stadt gefunden…
In der Adventszeit bereiten wir uns auf Weihnachten vor, auf die Geburt des Jesus-Kindes. Maria und Josef sind auf dem Weg nach Betlehem. Sie machen sich Gedanken, wie alle werdenden Eltern sie haben. Werden sie einen guten Ort für sich und das Kind finden? Wird alles vorbereitet sein für die Geburt? Werden sie genügend Windeln haben, wird Maria stillen können? Wird es dem Kind gut gehen?
Wir wissen, dass Maria und Josef keinen Platz gefunden haben. Wie viele arme Babys auf der Welt stand für Jesus kein warmes Kinderbettchen bereit, keine Wiege. Im Gegenteil, er war vom ersten Tag an bedroht und verfolgt. Die Eltern mussten mit dem Neugeborenen sogar ins Ausland fliehen, nach Ägypten.
Im Advent denken wir an das heimatlose, arme Baby Jesus und an die vielen Kinder auf der Welt, denen es geht wie ihm. Wir denken an sie und beten für sie und wir wollen dazu beitragen, dass sie willkommen sind. Weihnachten wird, wenn auch sie einen Platz finden, an dem sie aufgenommen und geliebt werden. Weihnachten wird, wenn sie Wärme und Zukunft erwarten, so wie im CJD.
Namen geändert
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