Er hat es gemacht. Franz hat den Tieren gepredigt, den Vögeln auf den Bäumen und auch dem räuberischen Wolf. Die ganze Schöpfung um ihn herum ist belebt. Die Gestirne sind Geschwister für ihn. Er lauscht dem Murmeln von Schwester Quelle, bestaunt die Kraft von Bruder Feuer und sogar der Tod kann ihm Schwester sein.
Franz ist verrückt, sagten die einen. Doch andere ließen sich von ihm verzaubern. In mancher Stadt läuteten sogar die Glocken, wenn er kam, und Alt und Jung zog ihm entgegen und jubelte. Franziskus († 1226) hat Freude gebracht. Evangelium heißt frohe Botschaft. In Franz’ Nähe spürten das die Menschen endlich. Und die Tiere auch.
Mensch und Tier haben bis ins 19. Jahrhundert auf engem Raum zusammen gelebt. Der Nutzen für die Ernährung stand im Vordergrund. Jedes Kind erlebte, wie die Glucke ihre Eier ausbrütete und wie die Schafe lammten. Die Gans, die es den Sommer über gehütet hatte, wurde im November geschlachtet und lieferte Fett und Federn, wenn der Braten schon lange verzehrt war. Tiere waren wertvoll – aber Gefühle verbanden die Menschen weniger mit ihnen.
Erst im 19. Jahrhundert entstand die Idee des Tierschutzes und der Gedanke, Mitleid mit den Tieren zu haben. Zugleich entwickelte sich die Massentierhaltung, während die unmittelbare Lebensgemeinschaft mit den Tieren zerbrach.
Inzwischen kommt Bello und Miezi fast der Rang von Familienmitgliedern zu. Viel Geld wird für ihr Wohlbefinden ausgegeben – ein wachsendes Geschäft für Kitekat-Produzenten. Hundesalon und Tierphysiotherapie öffnen ihre Pforten, es gibt Ratgeber-Zeitschriften und zuletzt den Tierfriedhof.
Der Tod des Lieblings löst tiefe Trauer aus – während die Masse der Tiere in gigantischen Ställen industriemäßig, gezüchtet, geschlachtet und verarbeitet wird. Ihr Schicksal rückt nur ins Bewusstsein, wenn wieder einmal ein Skandal durch die Zeitungen wandert. Welch ein Widerspruch: Zuhause hätscheln wir das einzigartige, geliebte, individuelle Tier. Gleichzeitig nehmen wir die vielen anderen – die Überzahl – nicht einmal mehr als Geschöpfe wahr. Sie verschwimmen zu einer anonymen Masse, werden zu Produkten der Nahrungsmittelindustrie, die wir konsumieren und exportieren. Ob Franziskus heute eher den Menschen predigte?
Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!
Die alten Osterlieder wussten noch, dass die Auferstehung die ganze Schöpfung verwandelt: Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, zu deiner Urständ fröhlich ist (Evang. Gesangbuch 110).
Das Markus-Evangelium erzählt im 1. Kapitel, wie Jesus bei den Tieren war, als er 40 Tage in der Wüste versucht wurde. Im letzten Kapitel sollen wir uns zu ihnen aufmachen. Bis zu allen Geschöpfen soll sich das Evangelium ausbreiten. Osterlamm und –küken erinnern uns daran.
Jesus Christus spricht: Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! (Markus 16, 15)
Familiengottesdienst: Franziskus damals und Franziska heute – Fridays For Future
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