Meine Suppe eß ich nicht

Meine Suppe eß ich nicht, schüttelte die Prinzessin ihren Kopf und schob den Löffel weg. Ein Stöhnen ging durch die Tischgesellschaft. Die Mutter des Landgrafen runzelte missbilligend die Stirn und zischte ihren Sohn an: Ruf sie zur Ordnung. Doch der saß seelenruhig in der Mitte der Tafel und hielt die Prinzessin – pardon die Landgräfin, denn sie hatten jüngst geheiratet – bei der Hand. Er wusste, warum sie nicht essen wollte. Auch die gesamte Hofgesellschaft hoch oben auf der Wartburg wusste, dass Prinzessin Elisabeth keineswegs mäkelte.
Vielmehr fragte sie bei jedem Gericht: Woher kommt es? Wurde es den Bauern abgepresst? Stammt es aus überhöhten Abgaben und Frondienst? An Ausbeutung und Ungerechtigkeit wollte sie nicht teilhaben, auch nicht beim Essen. Bevor der junge Landgraf ihr nicht zuflüsterte, woher das Essen stammte, rührte sie nichts an. An manchen Tagen stand sie mit knurrendem Magen wieder auf und nahm in Kauf, dass die Hofgesellschaft auf der Wartburg sie für verrückt erklärte.
Vor 808 Jahren – am 7. Juli 1207 – wurde Elisabeth von Thüringen geboren. Sie durchbrach die Standesschranken einer Landgräfin, pflegte Kranke, verschenkte Besitz an Arme. Als junge Witwe wurde sie mit ihren drei kleinen Kindern von der Wartburg vertrieben und starb mit 24 Jahren. Ihr Beispiel hat Menschen bis heute beeindruckt.
Mich beschäftigt, dass sie damals schon nach der Herkunft der Nahrungsmittel gefragt hat und selbst beim Essen konsequent war. Welchen Lohn bekommen heute Bananenpflücker und Kaffeebäuerinnen, welche Hände haben unsere billigen T-Shirts genäht? Menschen in der „Dritten“ Welt ermöglichen den Wohlstand bei uns in Europa.
Wenn Elisabeth heute leben würde, würde sie Transfair-Kaffee trinken oder Gepa-Schokolade essen. Fair gehandelte Produkte werden inzwischen auch in unseren Supermärkten verkauft. Der Preis kommt den Menschen zugute, die sie herstellen.

Predigten in der Passions- und Vorpassionszeit: hier
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