Der Genosse Parteisekretär rieb sich die Augen, als er eines Morgens auf den Markt kam. „Schwerter zu Pflugscharen“ hatte jemand an eine Wand geschrieben. In Sangerhausen!! Unverzüglich wurde der Markt abgesperrt, eine Malerbrigade zum Überpinseln bestellt und die Stasi eingeschaltet. Für die „staatlichen Organe“ war es höchst ärgerlich, dass solche Losungen bis in die Provinz drangen. Atomraketen wurden damals, Anfang der 80er Jahre, auch im Osten aufgestellt. Schwerter zu Pflugscharen, diesen Spruch aus der Bibel hatten Jugendliche als Aufnäher auf ihre Ärmel genäht. Sie wollten ein Zeichen setzen für Abrüstung auch in der DDR. Doch sie wurden zu ihren Direktoren und FDJ-Sekretären zitiert, sie wurden eingeschüchtert und mussten sich rechtfertigen. Für den Aufnäher haben manche sogar in Kauf genommen, dass sie vom Abitur ausgeschlossen werden oder den Studienplatz verlieren.
Im November 1980 haben die Kirchen eingeladen, 10 Tage lang für den Frieden zu beten und über Probleme zu diskutieren, über die in der DDR nicht offen geredet werden durfte. Die Friedensdekade war geboren. Sie wurde zur Keimzelle der Friedensbewegung in der DDR. Vor allem in den größeren Städten bot sie ein Forum für die ersten Frauen-, Menschenrechts- und Umweltgruppen, die sich trotz Überwachung entwickelten.
Schwerter zu Pflugscharen ist bis heute das Motto der Friedensdekade. Zivilcourage können wir auch in unserem Landkreis gut gebrauchen.
Wer den Spruch auf den Markt gemalt hat, ist übrigens nie herausgekommen. Er (oder sie) kann sich gerne bei mir melden.
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