Brot und Rosen

11. Januar 1912. 14.000 Textilarbeiter:innen in den USA* legen ihre Arbeit nieder. Sie streiken gegen Hungerlöhne und Kinderarbeit. Die Frauen singen Lieder, in den Kantinen, bei Versammlungen und Kundgebungen, bei Demonstrationen durch die Straßen der Stadt. „Wir wollen Brot, aber auch Rosen“, schreiben die Frauen auf ihre Fahnen.
Brot und Rosen fordern sie. Brot steht für das, was sie zum Leben brauchen, oder besser zum Überleben. Aber das ist zu wenig. Das Leben ist mehr als „Arbeit, Schweiß und Bauch“, wie es in einem Gedicht von James Oppenheim heißt, das sie zu ihrem Slogan inspiriert hat. „Schönheit, Liebe, Kunst“ gehören auch dazu. Wir wollen Brot, aber auch Rosen.

Die Rose ist ein Sinnbild für das Schöne im Leben. Wer eine Rose verschenkt, will damit sagen: Ich liebe dich. Die Rose  steht für die Liebe, für Unberührtheit und das Unberührbare. Eine Rosenknospe ist ein Symbol für das Leben, das noch am Anfang steht und unverbraucht ist, sie steht für das Leben, das sich erst entfalten will und noch alle Möglichkeiten in sich trägt.
Manchmal ist sie auch auf Grabsteinen zu sehen, wie ein leiser Protest, so als würde sie einwenden: Der Tod ist bitter, aber die Liebe ist stärker als der Tod. Sie widersetzt sich der Hoffnungslosigkeit.

So protestiert die Rose. Sie blüht im Asphalt. Sie wird an den Gewehrlauf gebunden. Sie wird in den Stacheldraht gesteckt oder in das Gitter von Grenzzäunen. Die Rose hat keinen praktischen Nutzen. Sie ist nur schön und zerbrechlich. Aber gerade weil sie so schutzlos ist, rührt sie Herzen an. So wie Jesus, der wehrlose.

Wir wollen Brot, aber auch Rosen, fordern die Frauen 1912. Jeder Mensch hat das Recht auf ein wenig Luxus, auch die Ärmsten. Gerade die Ärmsten, die sich sonst nie etwas leisten können. Ab und an braucht jeder Mensch ein Glanzlicht, das den Alltag aufhellt, wie grau er sonst auch sei. Ein schöner Ausblick. Ein wunderbarer Duft, der sehnsüchtig macht. In solchen Momenten wird das Herz weit, manchmal so weit, daß es zu Tränen rührt. Erst indem wir verletzlich werden, werden wir zu Menschen und nicht zu Robotern. Das Brot nährt den Körper. Aber die Seele braucht auch Nahrung. Eine Berührung. Ein Wort. Eine Rose. Gott schenkt sie uns.

* Lawrence, Massachusetts

Predigt zum Rosenfest

siehe auch Rose und Hagebutte
Predigt am Valentinstag über das Hohelied
weitere Andachten und Predigten in der Trinitatiszeit:   hier

Weitere Elemente:

Lesungen aus Hoheslied 2,1-3.6-7  und Genesis 2, 8.9.10.15 (siehe unten)
Lieder: Wenn das Brot, das wir teilen; Eine kleine Rose schwimmt auf dem Meer der Traurigkeit; Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer
Gebet (Quelle unbekannt)
Gott, wie eine Rose in der Erde festen Halt hat, so gib, dass wir die Quellen unserer Kraft finden in dir.
Gott, wie eine Rose sich entfaltet, so gib, dass sich unsere Herzen öffnen für Menschen, die um uns sind und denen wir begegnen.
Gott, wie eine Rose Dornen hat, so gib, dass wir Widerstand leisten, wo es notwendig ist.
Gott, wie eine Rose erfreut, so gib, dass auch wir Freude verschenken.

Aus Genesis 2
Gott pflanzte einen Garten in Eden im Osten und setzte den Menschen hinein, den er gebildet hatte. Dann ließ Gott allerlei Bäume aus dem Erdboden hervorwachsen, verlockend anzusehen und gut zum Essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Ein Strom geht aus von Eden, um den Garten zu bewässern. Und Gott nahm den Menschen und setzte sie*ihn in den Garten Eden, dass er*sie ihn bebaute und bewahrte.

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